Der Einfluß „normaler“ Temperaturen auf Lebensprozesse bei wechselwarmen Tieren unter Ausschluß der Wachstums- und Entwicklungsprozesse

Helgoland Marine Research, Dec 1968

1. Das Stoffgebiet wird (trotz mancher Übergänge und Schwierigkeiten der Zuordnung) in (a) Reaktionen, (b) Regulationen und (c) Akklimatisationen (Adaptationen) aufgegliedert. Das Problem des Nutzens im Sinne eines Selektionsvorteils wird ausgeklammert. Es wird bei dieser zusammenfassenden Darstellung besonders die nach 1955 erschienene Literatur berücksichtigt.   2. Zur Charakterisierung der Abhängigkeit der Lebensprozesse von der Versuchstemperatur (VT) pflegt man Q10- oder (wenn möglich)μ-Werte anzugeben, die jedoch große Unterschiede zeigen können, z. B. für verschiedene Organfunktionen, für Teilfunktionen eines Organs, bei unterschiedlichem Funktionszustand eines Organs, für gleiche Organfunktionen verschiedener Rassen und Arten etc. Biologisch bedeutsame Kurvenbereiche können durch besonders niedrige Temperaturkoeffizienten ausgezeichnet sein, was nicht immer auf angeborene Reaktionsnormen zurückzuführen ist, sondern auch durch Regulationen oder Adaptationen zustande kommen kann.   3. Die Abhängigkeitskuren von der VT können von der Körpergröße in unterschiedlicher Weise abhängen, wobei man verschieden große Rassen oder verwandte Arten bzw. unterschiedliche Wachstumsstadien derselben Art untersuchen kann.   4. Die Temperaturkoeffizienten können von der Adaptationstemperatur (AT) abhängen, und zwar in unterschiedlicher Weise auch bei demselben Typ der Leistungsadaptation.   5. Jahreszeitliche Einflüsse auf die Abhängigkeitskurven von der VT werden nur kurz behandelt; es können dabei mehrere Faktoren eine Rolle spielen (die Adaptationstemperatur, die Photoperiode, endogene Rhythmen).   6. Bei relativ raschen Temperaturänderungen können over- und undershoots das Bild komplizieren. Es kann sich hierbei um Reaktionen (Einschwingprozesse) handeln, doch sind auch länger dauernde Nachwirkungen zu beobachten, wobei z. B. Streßphänomene vorliegen können, die Gegenreaktionen des Körpers auslösen und eine exakte Versuchsausführung sehr erschweren, oder auch Schädigungen, die Reparationen notwendig machen. Die Streßphänomene kann man auch auf der Fermentebene beobachten oder an Änderungen des RNS-Gehaltes ablesen.   7. Es werden einige Beispiele für Regulationen durch übergeordnete Systeme angegeben und die Möglichkeiten geschildert, diese von Reaktionen und Adaptationen zu unterscheiden.   8. Es muß zwischen genetisch bedingten und den (weit besser untersuchten) nichtgenetischen Adaptationen unterschieden werden. Mit der AT können sich Substanzmengen (Wasser- und Salzgehalt, Proteine, Fette, RNS, DNS etc.) ändern oder die Abhängigkeitskurven von der VT. Hierfür können mehrere Typen angegeben werden, doch stößt eine solche Einteilung in manchen Fällen auf Schwierigkeiten (z. B. bei einigen Fermentaktivitäten).   9. Die Bedingungen für eine exakte Versuchsausführung zur Erfassung einer Leistungsadaptation werden dargelegt.   10. Eine nichtgenetische Leistungsadaptation kann auf allen Ebenen (Funktionen intakter Tiere oder isolierter Organe, bei Zellstoffwechselprozessen etc.) beobachtet werden. Selbst für ihr Vorkommen beim Stoffwechsel intakter Tiere sind schwer Regeln anzugeben; sie findet sich anscheinend bei im Wasser lebenden Tieren häufiger als bei terrestrischen. Die Organfunktionen oder die Gewebe eines Tieres oder verschiedene Zellstoffwechselprozesse desselben Gewebes können sich im Ausmaß der Adaptation oder sogar im Adaptationstyp unterscheiden. Auch der Stoffwechselweg kann von der AT abhängen.   11. Obwohl eine solche Leistungsadaptation in einigen Fällen auch relativ rasch verlaufen kann, handelt es sich im allgemeinen doch um eine Anpassung an langfristige Temperaturänderungen. Der Adaptationsmechanismus ist oft selbst temperaturabhängig; er kann aber noch bei Temperaturen unter dem Nullpunkt funktionsfähig sein.   12. Es ist bisher nur ungenügend gelungen, den Mechanismus der nichtgenetischen Leistungsadaptation zu klären. Erörtert werden zentralnervöse Einflüsse und solche der Körperflüssigkeiten und der Hormone. An einem Beispiel (der Atmung des Aales) wird ein Versuch zur Erforschung des Mechanismus geschildert.

A PDF file should load here. If you do not see its contents the file may be temporarily unavailable at the journal website or you do not have a PDF plug-in installed and enabled in your browser.

Alternatively, you can download the file locally and open with any standalone PDF reader:

http://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2FBF01611681.pdf

Der Einfluß „normaler“ Temperaturen auf Lebensprozesse bei wechselwarmen Tieren unter Ausschluß der Wachstums- und Entwicklungsprozesse

Helgol~nder wiss. Meeresunters. Der Einflug ,,normaler" Temperaturen auf H . P R E C H T 0 0 Zoologisches Institut der Universitlit Kiel, Lehrstuhl f~irvergIeichende PhysioIogie und Tierpsychologie , Kiel The influence of "normal" temperatures on life processes in poikilotherm animals exclusive of growth and development processes. This review summarizes especially literature published since 1955. It deals with reactions, regulations and acclimations (adaptations) and does not attempt to exclude overlappings in regard to terminological classifications; acclimatizations (according to the terminology of PROSSER 1958) are not discussed and the problem of usefulness of a response (in the sense of a selective advantage) is avoided. In order to characterize the dependence of life processes on experimental temperatures, Q10 or #-values are used. These values can differ greatly, e. g. in different organ functions, partial functions of an organ, in case of varying functional states of an organ, equal organ functions in different races or species, etc. Parts of r-t curves of biological importance show sometimes especially low temperature coefficients - a fact not always caused by endogenous reaction norms, but sometimes also by regulations or adaptations. R-t curves can also be influenced in different ways by the size of the test animal; this may be demonstrated both in interracial and interspecific comparisons as well as by comparing different states of growth of one and the same species. In cases of capacity adaptation, temperature coefficients may also depend on the adaptation temperature. Seasonal influences on r-t curves are dealt with only briefly; they can be caused by various factors (adaptation temperature, photoperiod, endogenous rhythm, etc.). Experimental results may be complicated by over- and undershoots, particularly if the test temperature is changed rapidly. Over- and undershoots can be immediate reactions ("Einschwingprozesse"); but also longer lasting a~er-effects may be observed due to stress phenomena releasing counter-reactions of the body, rendering exact experiments more difficult. Damages which require repair may also occur. Stress phenomena can be observed on the basis of enzyme activities or of changes in RNA-content. Some examples are presented concerning regulations via integrative systems, and the possibilities for separating such regulations from reactions and adaptations are discussed. It is necessary to distinguish between genetic and non-genetic adaptations; the latter have been studied much more intensively. Changes in adaptation temperature can cause quantitative changes in important substances (e. g. contents of water and salt, proteins, fats, RNA, D N A ) or in r-t curves of which severaI types can be distinguished; in some cases classifications are very difficult, e. g. in regard to some enzyme activities. The prerequisites concerning exact experimentation in regard to capacity adaptation are described. A non-genetic adaptation may manifest itself at all organismic levels (intact animals, isolated organs, cell metabolism, etc.). General rules for determining the presence of a capacity adaptation are difficult to establish; apparently it is more often to be found in aquatic than in terrestrial animals. Degree and type of adaptation can be different in regard to different functions of one and the same organ, tissues of the same ani- - mal, or cell metabolic processes of the same tissue. Furthermore, the metabolic pathway may depend on the adaptation temperature. Though relatively rapid capacity adaptations can be found, acclimations generally compensate for long lasting temperature changes. The me&anism of adaptation ot~en depends on temperature, but may still function at temperatures below zero; it is still insufficiently known; an attempt to analyze the mechanism of adaptation is undertaken using the respiration of the eel AnguiIla anguilla as an example. Influences of the central nervous system, body fluids and hormones are discussed. E I N L E I T U N G Seit dem 1955 ers&ienenen BuM ,,Temperatur und Leben" yon PRECHT, CHRISTOVHERSEN& HENSEL, in dem die ~ltere Literatur zu linden ist, hat man tiber den Einfluf~ ,normaler" Temperaturen auf Lebensprozesse bei poikilothermen Tieren intensiv weitergearbeitet (Zusammenfassungen: FRY 1958, PROSS~R 1958, 1967, PRECHT 1961a, 1964b, PROSSER& BROWN 1961, HANNON & VIERECK 1962, DILL et al. 1964, KINNE 1964b, 1965, ROSE 1967, TROSI~IN1967) . Es soll versu&t werden, besonders die na& 1955 erarbeiteten wesentli&sten Gesi&tspunkte tiber diesen speziellen Problemkreis ohne Anspru& auf Vollst~ndigkeit zusammenfassend darzustellen. Ni&t behandelt werden die si& in vielem anders verhaltenden si& ~indernden Reaktionssysteme (Wa&stums- und Entwi&lungsprozesse), alle M6gli&keiten der we&selwarmen Tiere, ihre KiSrpertemperatur zu ~indern, sei es dur& Ankl~inge an eine Thermoregulation oder ihr Verhalten, und au& alle Probleme der Resistenz ge (...truncated)


This is a preview of a remote PDF: http://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2FBF01611681.pdf

H. Precht. Der Einfluß „normaler“ Temperaturen auf Lebensprozesse bei wechselwarmen Tieren unter Ausschluß der Wachstums- und Entwicklungsprozesse, Helgoland Marine Research, 1968, pp. 487-548, Volume 18, Issue 4, DOI: 10.1007/BF01611681