Gedanken zur aktuellen Sterbehilfediskussion aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin

Der Schmerz, Jun 2015

H. Melching

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Gedanken zur aktuellen Sterbehilfediskussion aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin

Gedanken zur aktuellen Sterbehilfediskussion aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin 0 Zum Wirrwarr der Begrifflichkeiten 1 H. Melching Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e. V. , Berlin , Deutschland Der Schmerz 1 - Unerträgliches Leid und Schmerzen werden in der momentanen Debatte zur Sterbehilfe immer wieder als ein Argument herangezogen, um Suizidwilligen eine „professionelle“ Hilfe zukommen zu lassen. Auf der anderen Seite betonen Mediziner, dass eine suffiziente Schmerztherapie in nahezu allen Fällen in der Lage ist, Schmerzen auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, und die Palliativmedizin Leidenszuständen auf den unterschiedlichen Ebenen effizient begegnen kann. Dennoch bleibt in weiten Teilen der Bevölkerung die Angst vor dem, was am Lebensende auf einen zukommen kann; die Angst vor einem würdelosen Sterben. Wobei Begriffe wie „Würde“, „Selbstbestimmung“ und „Freiverantwortlichkeit“ von allen Seiten teilweise in unerträglicher Weise überstrapaziert werden. Die aktuelle Diskussion, und vor Allem die Berichterstattung in den Medien, scheint wenig dazu beizutragen vorhandene Ängste zu minimieren, sondern verstärkt diese teilweise sogar. Ein Grund hierfür liegt sicherlich in dem großen Wirrwarr der Begrifflichkeiten und deren unklarer Verwendung, sowie der Umstand, dass nicht eindeutig ersichtlich ist, ob die unterschiedlichen Positionen und insbesondere die vorliegenden Gesetzesinitiativen eine Liberalisierung oder eine Verschärfung der aktuellen Rechtssituation zum Ziel bzw. zur Folge haben. Auch dem in allen Vorlagen postulierten Wunsch, Rechtssicherheit zu schaffen, werden die vorliegenden Entwürfe weitestgehend nicht gerecht. Immer wieder tauchen in Medienberichten, Stellungnahmen und Positionspapieren die Begriffe „aktive“, „passive“ und „indirekte“ Sterbehilfe auf, die dann teilweise auch noch nach Belieben modifiziert und „verschlimmbessert“ werden, wie bspw. im Spiegel (Nr. 6/2014), wo der Begriff „indirekte aktive Sterbehilfe“ kreiert wurde, oder in einem aktuellen Glossar der Deutschen Palliativstiftung, die vorschlägt, nunmehr von „aktiver Lebensverkürzung“ (als Sammelbegriff für aktive und passive Sterbehilfe, Suizidbeihilfe und Tötung auf Verlangen) zu sprechen. Fakt ist, dass keiner dieser Begriffe in irgendeinem deutschen Gesetz und auch nicht in der Musterberufsordnung oder den Grundsätzen zur Sterbebegleitung der Bundesärztekammer auftauchen. Sicher ist auch, dass genau diese Definitionen bereits in der Vergangenheit zu großer Unsicherheit und Missverständnissen geführt haben. So hat z. B. eine Untersuchung gezeigt, dass selbst Vormundschaftsrichter diese Begriffe hinsichtlich ihrer rechtlichen Relevanz nicht richtig einordnen konnten. Dabei gaben z. B. 34,5 % der befragten Richter an, dass die Beendigung einer künstlichen Beatmung als unzulässige „aktive Sterbehilfe“ zu betrachten sei, obwohl eine solche Maßnahme seit jeher nicht nur erlaubt ist, sondern sogar verpflichtend umgesetzt werden muss, sofern es dem Wunsch des Patienten entspricht oder keine Indikation hierzu vorliegt. Vor diesem Hintergrund scheint es also fraglich, welche Aussagekraft die immer wieder herbeigeführten Umfrageergebnisse haben, die darauf verweisen, dass eine große Mehrzahl der Deutschen sich für „aktive Sterbehilfe“ ausspricht. Viele der Befragten werden hierunter ebenfalls den Verzicht oder die Beendigung einer lebenserhaltenden Maßnahme verstehen. Ebenso begründen sich viele der aktuell im Umlauf befindlichen Umfrageergebnisse von Organisationen, Verbänden und Fachgesellschaften auf eine eklatante Unkenntnis bezüglich der rechtlichen Situation in Deutschland. Somit sollte in der Diskussion sorgfältig darauf geachtet werden, welche Begriffe verwendet werden und was damit gemeint ist. Es muss klar werden, ob die strafbare Tötung auf Verlangen gemeint ist, die zulässige Hilfe zum Suizid oder gar die Beendigung einer Behandlung, die sogar zwingend vorgeschrieben ist, sofern dies dem Patientenwunsch entspricht. Hinsichtlich dieses Umstandes ist es auch zwingend geboten, über Patientenrechte und die Möglichkeiten der Hilfe beim Sterben aufzuklären, und zwar noch bevor über die besonderen Möglichkeiten der Palliativmedizin und Hospizbegleitung diskutiert wird. Was dürfen wir – was können wir? Die rechtliche Situation in Deutschland ist denkbar einfach. Verboten ist die Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB), womit gemeint ist, dass niemand einen anderen Menschen töten darf; auch nicht, wenn Dieser Artikel beruht auf einem Beitrag für die Fachzeitschrift F&W („führen und wirtschaften im Krankenhaus“). Infobox 1 Grundsätze der BÄK zur ärztlichen Sterbebegleitung: dieser es wünscht. Eine Änderung dieses § 216 StGB sieht keiner der aktuell vorliegenden Gesetzesentwürfe vor. Nicht verboten ist hingegen der Suizid, was zur Folge hat, dass auch die Beihilfe hierzu keinen Straftatbestand darstellt, solange die Selbsttötung als freiverantwortlich zu bezeichnen ist und dem Willen des Suiziden (...truncated)


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H. Melching. Gedanken zur aktuellen Sterbehilfediskussion aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, Der Schmerz, 2015, pp. 261-265, Volume 29, Issue 3, DOI: 10.1007/s00482-015-0022-4