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So funktioniert Telematik nicht
MMW Fortschritte der Medizin
So funktioniert Telematik nicht
E-Health-Gesetz
Frank Dastych; KV-Chef in Hessen
-
_ Stellen Sie sich vor, Sie müssen schnell
mit dem Auto von Frankfurt nach
Hamburg. Das Problem: Nur die Häl e
der Strecke ist Autobahn, der Rest sind
Landstraßen und Feldwege mit
Schlaglöchern. Genauso verhält es sich aktuell
mit dem Gesetz für sichere digitale
Kommunikation und Anwendungen,
kurz E-Health-Gesetz, das der
Bundestag nach langer Diskussion im
Dezember 2015 verabschiedet hat.
Zuallererst fehlt es an einer
ausreichend vorhandenen
Telematik-Infrastruktur. Denn es gibt bisher keine
‘ächendeckende Breitbandvernetzung. In
Nordhessen z. B. gibt es keinen Anbieter,
der fünf Praxen und eine Klinik
vernetzen würde. Entsprechende
Infrastrukturmaßnahmen der Politik? Fehlanzeige.
Im Gesetz fehlt sogar jegliche P‘icht für
die Telekommunikationsanbieter! Die
Politik spricht seit Jahren vom
„schnellen Internet für ganz Deutschland“, tut
aber nichts. Dies schadet nicht nur im
Health-Bereich, sondern der gesamten
Infrastruktur in den Regionen.
Patientenfreundliche Neuerungen blieben auf der Strecke
Würde es in diesem Gesetz wirklich um
E-Health gehen, hätte sich der
Gesetzgeber um Neuerungen gekümmert, die
tatsächlich einen Mehrwert für die
Patienten hätten – z. B. den
elektronischen Arztbrief oder das
Übergabemanagement zwischen stationärem und
ambulantem Sektor. Genau dies wäre,
nebenbei bemerkt, bereits heute über
das sichere Netz der KVen möglich.
Doch die Politik wartet stattdessen
lieber auf die Industrie. Damit wird klar,
wem dieses Gesetz dient. Der
E-HealthBereich wird auf diese Weise zum
Marktplatz, auf dem patientenbezogene
Daten gehandelt werden.
Die unbequemen Lasten werden bei
alledem mal wieder den Ärzten aufs
Auge gedrückt. Beispiel
Versichertenstammdatenmanagement (VSDM):
Zukün ig sollen beim Einlesen der
elektronischen Gesundheitskarte (eGK) in der
Arztpraxis die auf der Karte
gespeicherten Versichertendaten geprü werden.
Gemächlicher Datenabgleich
Dazu läu im Hintergrund ein Prozess
ab, der zu zeitlichen Verzögerungen im
Praxisablauf führen wird. Denn
während des Einlesens wird eine
Verbindung zur jeweiligen Krankenkasse
aufgebaut und die auf der eGK
abgespeicherten Versichertenstammdaten mit
den bei der Krankenkasse hinterlegten
Daten abgeglichen. Es braucht nicht viel
Fantasie, um sich vorzustellen, dass es
hier am Quartalsanfang zu einer
Überlastung der Leitungen kommt, da
zeitgleich eine große Zahl von Karten
eingelesen und damit ein erheblicher
Daten‘uss ausgelöst wird. Kommt es zu
einer Überlastung, sinkt die
Übertragungsgeschwindigkeit, die eGK
verbleibt länger als geplant im Lesegerät,
die Aufnahme des Patienten dauert län
ger – und der gesamte Praxisablauf
verzögert sich.
Die Vertreterversammlung der KV
Hessen hat hauptsächlich aus diesem
Grunde unsere Mitglieder im Herbst
aufgefordert, sich nicht am VSDM zu
beteiligen. Die Aktualisierung der
Patientendaten ist originäre Aufgabe der
Krankenkassen – für diese bürokratischen
Aufgaben haben die Praxen angesichts von
Ärztemangel und zunehmender
Morbidität keine Zeit. Wenn dieser Service
trotzdem gewünscht ist, muss uns die Politik
sagen, auf welche anderen Aufgaben wir
verzichten sollen. Vielleicht auf die
Versorgung akut Kranker? Oder chronisch
Kranker? Oder auf Prävention?
Letztendlich ist dies ein weiteres
Gesetz gegen die Ärztescha . Ein Gesetz,
bei dem sich die Politik an die Seite der
Industrie stellt. Ein Gesetz, das so zum
Scheitern verurteilt ist. Es wird
Milliarden verschlingen, ohne dass es am Ende
irgendeinen Vorteil für die Patienten
bringt. Die einzigen vernün igen und
jetzt schon nutzbaren Anwendungen
werden sogar noch kaputt gemacht. Die
E-Health-Industrie dankt. ■
■ Der Autor ist Vorstandsvorsitzender der KV Hessen
E-Card im Alltag:
Und das Praxisteam wartet ... (...truncated)