Datenschutz und Datennutz

Der Freie Zahnarzt, Feb 2016

Dr. Joachim Hüttmann

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Datenschutz und Datennutz

Datenschutz und Datennutz „Guten Tag Frau Müller! Sie sehen gut aus heute. Allerdings ist ihr Blutdruck kurz nach dem Wachwerden etwas höher als üb- lich gewesen. Hatten Sie eine besondere Begegnung? Empfehlen können wir Ihnen heute besonders den Kohlrabi in der Gemü- seabteilung. Die Con serie bleibt allerdings für Sie gesperrt - Ihr Schrittzähler hat den Grenzwert für eine süße Belohnung noch nicht erreicht. Übrigens: Inkontinenzeinlagen sind heute im Sonderangebot.“ Wir haben eben Frau Müller beim morgendlichen Einkauf in ihrem Supermarkt belauscht. Erkannt wurde sie mittels ihres RFID-Chips den sie sich (freiwillig) hat implantieren lassen - ins Ohrläppchen. Als Belohnung bekam sie einen -Euro-Gut- schein fürs Fitness-Studio und fünf Prozent Rabatt auf den Krankenkassenbeitrag (vorläu g). Ihr Smartphone sendet nun Gesundheitsdaten (Blutdruck Pulsfrequenz tägliche Schritt- zahl) an die Krankenkasse und ihr Kühlschrank hinterlässt Nachrichten auf dem digitalen Alleskönner. Die automatische Anfrage wegen eines Termins beim Gynäkologen scheiterte al- lerdings - ein Hackerangri› hatte den Server vorübergehend lahmgelegt. Alles Utopie? Nur zum Teil und nur vorerst. Dr. Joachim Hüttmann Dr. Joachim Hüttmann Rohstoff des digitalen Zeitalters Der Glaube an die Segnungen von Vernetzung und Telematik scheint bei einigen Akteuren im Gesundheitswesen unerschütterlich. Manche erwarten mehr EŸzienz der eingesetzten Mittel, andere Qualitätsverbesserungen, wieder andere wollen den unübersichtlichen Gesundheitsmarkt „endlich in den Gri› bekommen“. Alle brauchen sie Daten. Sie sind der Rohsto› des digitalen Zeitalters. Sie werden verkau£ und gekau£, legal oder illegal. Doch anders als gestohlenes Geld oder gestohlene Wertgegenstände sind gestohlene Daten unrettbar verloren: In Bruchteilen von Sekunden landen sie auf Servern irgendwo auf der Welt. Das gilt auch für digitalisierte Gesundheitsdaten, auf die das System der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) angewiesen ist. Es beruht auf der Idee, Gesundheits- und Krank heitsdaten umfassend zugänglich zu machen – natürlich nur für Berechtigte, die sich mit der eGK beziehungsweise dem elektronischen Heilberufeausweis ausweisen können. Alles absolut sicher – theoretisch. Die Widerstände gegen die politisch gewollte eGK waren 2006 erheblich. Es dauerte fast zehn Jahre, bis sie Wirklichkeit wurde, und es bedur£e erst der Androhung von Zwangsmaßnahmen durch den damaligen Bundesgesundheitsminister Phillip Rösler (FDP), gesetzlich Versicherte schließlich mit der eGK auszustatten. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe DFZ-Chefredakteur (CDU), hat sich daran ein (schlechtes) Beispiel genommen und ist gleich mit der Androhung von Zwangsmaßnahmen zur Einführung des Online-Stammdatenabgleichs gestartet. Inzwischen wurden Milliarden ausgegeben für ein System, das von neuen technischen Möglichkeiten längst überholt wurde und strukturell unsicher ist. Zweifelhafte Verlässlichkeit Ein Foto soll die Karte sicher machen und vor Datenmissbrauch schützen, doch niemand (außer Computerprogrammen, die Donald Duck oder Micky Maus erkennen) prü£, ob das Bild tatsächlich den Versicherten darstellt. Der Notfalldatensatz, der kün£ig auf der Karte gespeichert werden soll, ist also von zwe-i felha£er Verlässlichkeit. Um die Akzeptanz zu erhöhen, wurde Freiwilligkeit zugesichert – noch. Damit aber ist keinerlei Verlässlichkeit gegeben. Was nützt ein Notfalldatensatz, der im Zweifel nicht vollständig ist? Was nützt ein Foto auf der eGK, das nicht autorisiert ist? Bezogen auf Datenmissbrauch muss man gar nicht an die aktuellen Hacker-Angri›e auf hochsensible und professionell geschützte Datenbanken erinnern. Absolut sicher sind nur Daten, die gar nicht gesammelt werden. Das größere Risiko ist der Missbrauch der Daten durch zum Zugri› Berechtigte. Wer also ist wirklich Nutznießer? Diejenigen, die glauben, man müsse von allen alles wissen, um alles steuern zu können. Und die meinen o›enbar: „Jetzt haben wir schon so viel Geld in den märkischen Sand gesetzt, das wird durchgezogen!“ – Ach nein, das war eine andere GroßBaustelle, meint Ihr (...truncated)


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Dr. Joachim Hüttmann. Datenschutz und Datennutz, Der Freie Zahnarzt, 2016, pp. 3, Volume 60, Issue 2, DOI: 10.1007/s12614-016-6050-3