GOÄ – Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt
GOÄ - Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt
0 Dr. Christian Öttl
1 Mitglied im FVDZ-Bundesvorstand
2 Dr. Christian Öttl
Seit Oktober 2015 hat der Freie Verband Deutscher Zahnärzte einen neuen Bundesvorstand (BV). Um die BV-Mitglieder und ihre Themenschwerpunkte kennenzulernen, schreiben sie im Rotationsprinzip DFZ-Editorials. In dieser Ausgabe schätzt der GOZ-Experte Dr. Christian Öttl die Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte ein. Meint Ihr
-
© Martin V / panthermedia.net
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
bis vor Kurzem haben wir die Entwicklung der GOÄ-Novelle
mit Spannung verfolgt. Schon 2011 wurde der
Bundesärztekammer (BÄK) vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ins
Lastenhe„ der neuen GOÄ diktiert, sich zur Arbeitserleichte
rung mit dem Verband der privaten Krankenversicherer an
einen Tisch zu setzen und eine gemeinsame Vorlage zu
entwickeln. Die Beihilfe könnte sich dann an dieses Konstrukt
anhängen, wenn sie sich das leisten wollte, so dachte man sich. Die
Preise würden damit also von Erstattungsstellen diktiert
werden. Das wäre wohl einmalig. Diese ganze Aktion sollte zudem
hinter verschlossenen Türen stattŒnden, um die Ärztescha„
nicht unnötig aufzuwühlen.
Man hatte die Rechnung allerdings ohne die denkenden or
ganisierten Teile der Ärztescha„ gemacht. Es wurden Verhand
lungsergebnisse publik, obwohl Stillschweigen zwischen den
Parteien vereinbart war. Zum Beispiel hat ein
Verhandlungsführer der Ärztescha„ in der Zwischenzeit das Schi’ gewech
selt und arbeitet nicht mehr als Hauptgeschä„sführer bei der
Bundesärztekammer, sondern als Verwaltungsdirektor bei der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Da wundert es wenig,
wenn die GOÄ sehr stark den Charakter des Einheitlichen
Bewertungsmaßstabs (EBM) bekam, mit allem möglichen
Ungemach. Etwa mit der neuen Systematik eines „robusten
Einfachsatzes“, der nur noch mit Einverständnis eines eigens dafür
gescha’enen Gremiums, der Gemeinsamen Kommission (GeKo),
gesteigert werden darf.
Therapiefreiheit ade
Die GeKo ist paritätisch besetzt mit Ärzten auf der einen Seite
und PKV und Beihilfe auf der anderen Seite. Die Ärzte sind alle
zwei Jahre alternierend als BÄK- und KBV-Vertreter
eingebunden. Aber dieser „Private Gemeinsame Bundesausschuss“ hat
noch weitere Aufgaben. Er soll die Angemessenheit der
Honorarentwicklung mithilfe einer noch zu scha’enden (und
natürlich auch von den Ärzten zu Œnanzierenden)
Datensammelstelle innerhalb von 36 Monaten nach Inkra„treten der GOÄ eva
luieren.
Dass kün„ig nicht mehr die beste medizinische Versorgung
im Vordergrund und im Paragrafenteil festgeschrieben steht,
sondern die wirtscha„lichste, davon haben die privaten Versi
cherer sicher schon lange geträumt. Dass endlich Schluss ist mit
den vielen analogen Berechnungen, entlastet die
Sachbearbeiter. Und mit Analogberechnungen ist auch weitgehend Schluss:
Die Ärzte sollen eine Stichtagsregelung bekommen, wie wir sie
in der GOZ 1988 kennen und hassen gelernt haben.
Klar auch, dass wieder stärker in Komplexleistungen gedacht
wird und das sogenannte Zielleistungsprinzip zum Tragen
kommt. Nach dem Motto: „Alles schon in der Hauptleistung
inklusive!“.
Das Schmankerl zum Schluss: Medizinische
Versorgungszentren und Krankenhausambulanzen müssen sich nicht an die
GOÄ halten, „werden es aber aus Praktikabilitätsgründen wohl
machen“, lauten Mutmaßungen. Ein Schelm, wer dabei an eine
Ö’nungsklausel denkt. Zusätzlich dürfen nämlich von der
großen GeKo auch „Modellvorhaben zur Verbesserung der
Versorgung“ auf den Weg gebracht werden - „Ö’nungsklausel 2.0“.
Klar auch, dass zur Erbringung einer Leistung die fachliche
QualiŒkation nach Maßgabe des Weiterbildungsrechts
nachgewiesen werden muss; natürlich nicht, um Geld zu sparen – alles
nur Patientenschutz. ªerapiefreiheit ade.
Weg in die Bürgerversicherung
Und die Rechnungsstellung bleibt natürlich auch nicht
ungeschoren. Nicht nur muss innerhalb von sechs Monaten eine
Rechnung erstellt sein, sie muss kün„ig maschinenlesbar sein.
Der Arzt wird faktisch in das Erstattungsgebaren der
Versicherung eingebunden, indem er über jede denkbare
Nichterstattung aufzuklären hat. Vieles aus der missratenen
„SchmidtGOZ“, die die Zahnärztescha„ durch geschlossenes Au„reten
verhindern konnte - steht jetzt bei den Ärzten im Entwurf. Um
diesen Entwurf durchzudrücken, behaupten BÄK-Präsident
Frank Ulrich Montgomery und der SPD-Gesundheitsexperte
Karl Lauterbach, die Alternative wäre die Bürgerversicherung.
Fakt ist aber, dass diese GOÄ den Weg in die
Bürgerversicherung ebnet.
Diese GOÄ muss wegen der „Tschernobyl-Wirkung“, also
Strahlung mit Langzeitwirkung, verhindert werden. (...truncated)