Adipositas und Typ 2 Diabetes

Wiener klinische Wochenschrift, Apr 2016

Adipositas und Typ 2 Diabetes werden heute gerne unter dem Namen „Diabesity“ zusammengefasst. Das trägt dem Umstand Rechnung, dass die Adipositas dem Diabetes häufig vorangeht und wohl der wichtigste Faktor in der Zunahme des Typ 2 Diabetes mellitus ist. Der Body-Mass-Index (BMI) ist nur ein sehr grobes Maß der Körperverfettung. Sogar Normalgewichtige können bei Muskelmangel zu viel Körperfett aufweisen (Sarkopenie), weswegen Messungen des Bauchumfanges und des Körperfettes empfohlen werden (z. B. BIA). Lebensstilmanagement mit Ernährung und Bewegung ist eine der wichtigsten Maßnahmen in der Diabetesprävention. In der Therapie des Typ 2 Diabetes hat das Gewicht als sekundärer Zielparameter zunehmend Bedeutung erlangt. Auch die Wahl der antidiabetischen Therapie, aber auch der Begleittherapien, nimmt immer mehr darauf Rücksicht. Welchen Stellenwert Antiadiposita selbst in der antidiabetischen Therapie erlangen werden, wird durch zukünftige Studien zu klären sein. Die bariatrische Chirurgie ist derzeit bei einem Typ 2 Diabetes mit BMI > 35 kg/m2 indiziert und kann zumindest teilweise zur Diabetes-Remission beitragen, sie muss aber in ein entsprechendes lebenslanges Betreuungskonzept eingebunden sein.

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Adipositas und Typ 2 Diabetes

Wien Klin Wochenschr Adipositas und Typ 2 Diabetes 0 K. Schindler Klinische Abteilung für Innere Medizin III, Medizinische Universität Wien , Wien, Österreich 1 F. Hoppichler Abteilung für Innere Medizin, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder , Salzburg, Österreich 2 H. Toplak () Universitätsklinik für Innere Medizin, Medizinische Universität Graz , Graz, Österreich 3 T. C. Wascher 1. Medizinische Abteilung , Hanuschkrankenhaus, Wien, Österreich 4 B. Ludvik Abteilung für Innere Medizin, Krankenanstalt Rudolfstiftung der Stadt Wien , Wien, Österreich Hermann Toplak · Friedrich Hoppichler · Thomas C. Wascher · Karin Schindler · Bernhard Ludvik Zusammenfassung Adipositas und Typ 2 Diabetes werden heute gerne unter dem Namen „Diabesity“ zusammengefasst. Das trägt dem Umstand Rechnung, dass die Adipositas dem Diabetes häufig vorangeht und wohl der wichtigste Faktor in der Zunahme des Typ 2 Diabetes mellitus ist. Der Body-Mass-Index (BMI) ist nur ein sehr grobes Maß der Körperverfettung. Sogar Normalgewichtige können bei Muskelmangel zu viel Körperfett aufweisen (Sarkopenie), weswegen Messungen des Bauchumfanges und des Körperfettes empfohlen werden (z.  B. BIA). Lebensstilmanagement mit Ernährung und Bewegung ist eine der wichtigsten Maßnahmen in der Diabetesprävention. In der Therapie des Typ 2 Diabetes hat das Gewicht als sekundärer Zielparameter zunehmend Bedeutung erlangt. Auch die Wahl der antidiabetischen Therapie, aber auch der Begleittherapien, nimmt immer mehr darauf Rücksicht. Welchen Stellenwert Antiadiposita selbst in der antidiabetischen Therapie erlangen werden, wird durch zukünftige Studien zu klären sein. Die bariatrische Chirurgie ist derzeit bei einem Typ 2 Diabetes mit BMI > 35  kg/m2 indiziert und kann zumindest teilweise zur Diabetes-Remission beitragen, sie muss aber in ein entsprechendes lebenslanges Betreuungskonzept eingebunden sein. Schlüsselwörter Adipositas · Typ 2 Diabetes Obesity; Typ 2 diabetes - Obesity and type 2 diabetes Summary Obesity and Type 2 Diabetes are nowadays summarized as “diabesity”. That is due to the fact that obesity is frequently preceding and the most important risk factor in the increase of Type 2 Diabetes. The body mass index (BMI) is a crude measure of body fatness. Even normal weight persons can have lack in muscles (sarcopenia), which leads to the recommendation to measure waist und body fatness (e.g. BIA). Lifestyle management including nutrition and physical activity are important for diabetes prevention. In the therapy of Type 2 Diabetes body weight is increasingly used as secondary target. Also the choice of the anti-diabetic medication and concomitant medications is increasingly influenced by body weight. The significance of antiobesity medications in the therapy of type 2 diabetes will have to be clarified by future studies. Bariatric surgery is at present indicated with a BMI above BMI > 35 kg/m2 and can lead at least to partial diabetes remission but has to be part of a lifelong care concept. Die Adipositas ist neben der Genetik der wohl wichtigste Risikofaktor für den Typ 2 Diabetes. In der EU sind 17 % der Erwachsenen zwischen 20 und 74 Jahren adipös, 36 % sind übergewichtig [1]. Erhöhter BMI bedeutet erhöhte Mortalität bei Männern und Frauen, wobei dies allerdings auch für Untergewicht gilt (J Shaped curve) [2]. Weltweit ist der größte Teil des Typ 2 Diabetes der Adipositas zuzuordnen, so auch in Europa [3, 4]. Diabetes und Adipositas zusammen erhöhen das Mortalitätsrisiko auf das 7-Fache [5]. Es wird häufig darüber diskutiert, ob sie eine Erkrankung für sich selbst darstellt oder einem krankhaften Zustand entspricht, eine rezente Publikation der European Association for the Study of Obesity (EASO) hat sie zum „Gateway of Ill Health“, also zu einem zentralen Krankheits-bestimmenden Faktor erklärt [6]. Die „Milan Declaration 2015“ der EASO hat die Adipositas nunmehr selbst als „progressive Erkrankung“ genannt und als zentrales „Tor“ zu vielen anderen Erkrankungen wie die meisten NCDs (Non Communicable Diseases; nicht übertragbare Erkrankungen) erklärt. Die zentrale Rolle der Adipositas bei Diabetes, Hyperlipidämie und Hypertonie mit der Konsequenz erhöhter kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität wird gewürdigt (http://www. easo.org). Die enge Beziehung von Adipositas und Typ 2 Diabetes hat auch zur Bezeichnung „Diabesity“ geführt. Die WHO hat die Adipositas daher zum größten globalen chronischen Gesundheitsproblem erklärt, das sogar die Bedeutung der Malnutrition übertrifft. Im Jahre 2030 könnten neueren Projektionen zufolge etwa 60 % der Weltbevölkerung übergewichtig oder adipös sein [7, 8, 9]. Neben den an anderer Stelle behandelten Themen soll die Betrachtung des Typ 2 Diabetes im Folgenden aus diesem Blickwinkel beleuchtet werden. Anthropometrische Daten Es ist heute erwiesen, dass das Körpergewicht selbst ein schlechtes Maß für die Körperverfettung darstellt. Zwar weisen fast 100 % der Personen mit einem BMI > 30 kg/ (...truncated)


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Hermann Toplak, Friedrich Hoppichler, Thomas C. Wascher, Karin Schindler, Bernhard Ludvik. Adipositas und Typ 2 Diabetes, Wiener klinische Wochenschrift, 2016, pp. 196-200, Volume 128, Issue 2, DOI: 10.1007/s00508-016-0986-9