MDK — ein Risikofaktor für Universitätskliniken?

InFo Neurologie + Psychiatrie, May 2016

Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Dr. med. Peter Lütkes

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MDK — ein Risikofaktor für Universitätskliniken?

In|Fo|Neurologie & Psychiatrie MDK - ein Risikofaktor für Universitätskliniken? 0 Dr. med. Peter Lütkes , Essen 1 Seniorprofessor Klinische Neurowissenschaften Universität Duisburg-Essen 2 Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener , Essen 3 Leiter Medizinisches Controlling Universitätsklinikum Essen 4 Hans-Christoph Diener und Peter Lütkes , Universitätsklinikum Essen Der Medizinische Dienst der Krankenversicherungen, kurz MDK, wurde ursprünglich einmal als unabhängige Struktur im Gesundheitswesen installiert, um beispielsweise die folgenden medizinischen und sozialmedizinischen Fragen zu beurteilen: ▶ Grad der persönlichen P egebedür­igkeit ▶ Qualität einer P egeeinrichtung oder eines P egedienstes ▶ Beurteilung anstehender Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen ▶ Verdacht auf Behandlungsfehler ▶ Neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden ▶ Unklarheiten bei Krankenhausrechnungen Für den Bereich der Krankenhäuser war es sicher initial sinnvoll, in dem komplexen System des DRG-Systems und des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) Krankenhausrechnungen stichprobenartig zu überprüfen, da es in der Anfangs - phase nach der Umstellung des Vergütungssystems immer wieder zu einzelnen Fehlabrechnungen kam. Anfangs erfolgten die Prüfungen von Krankenhausrechnungen tatsächlich auch stichprobenweise. In der Zwischenzeit hat sich die Überprüfung der Krankenhausrechnungen zu einem ganz eigenen Geschä­sfeld des MDK entwickelt. An einzelnen Universitätskliniken werden bis zu 50 % aller Fälle und Abrechnungen überprü­. Man gewinnt zunehmend den Eindruck, dass es nicht mehr primär darum geht, nicht sachgemäße Abrechnungen zu ™nden, sondern dass es Ziel der Überprüfung ist, Kosten für die Krankenkassen einzusparen. So gibt es viele neurologische Universitätskliniken, die im ersten Quartal 2016 Kürzungen der Vergütungen für stationäre Patienten durch den MDK um bis zu 100.000 € hinnehmen mussten. Auch wenn einige dieser Kürzungen sachlich gerechtfertigt sein mögen, gibt es doch viele Beispiele, die vermuten lassen, dass es mehr um Einsparungen als um Verbesserung der Qualität geht. Ich will im Folgenden einige Bei - spiele nennen, die sich bei uns zugetragen haben oder die mir von leitenden Ärzten anderer neurologischer Kliniken genannt wurden: ▶ Ein Patient wird nach einem ischämischen Insult vier Tage auf der Stroke Unit behandelt. In der Krankenakte fehlt ein einziger Blutdruckwert, der in der OPS-Komplexbehandlung des Schlaganfalls vorgesehenen Blutdruckkontrollen. Die OPS „Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls“ (Amtsdeutsch für: Behandlung auf der Stroke Unit) wurde gestrichen. ▶ Ein Patient be™ndet sich nach einem ischämischen Insult auf der Stroke Unit. Am dritten Tag wird um 15.00 Uhr die Krankengymnastin erwartet. Der Patient wird zum selben Zeit- - punkt zur Kernspintomografie abgerufen. Als er auf die Station zurückkommt, ist die Dienstzeit der Physiotherapie beendet. Der MDK bemängelt, dass an diesem Tag keine Krankengymnastik stattgefunden hat und streicht die OPS. ▶ Ein Patient wird nach einem Schlaganfall von der Stroke Unit auf die Allgemeinstation verlegt. Er ist schwer betroffen, nach Meinung der behandelnden Ärzte aber rehabilitationsfähig. Der ursprüngliche Antrag auf Verlegung in eine Rehabilitationsklinik wird von der Krankenkasse abgelehnt. Es wird ein erneuter, deutlich detaillierterer Antrag gestellt, der nach vier Tagen positiv beschieden wird. Die Rechnung wird jetzt wegen Überschreitung der oberen Grenzverweildauer gekürzt. ▶ Ein Patient kommt mit einem schweren Halbseitensyndrom und die CT-Angiografie zeigt einen distalen Verschluss der A. carotis interna. Schon in der Computertomografie beginnt die systemische Thrombolyse mit rt-PA und der Patient wird anschließend in der Angiografie erfolgreich thrombektomiert. Der MDK verweigert die Bezahlung der Thrombolyse, da der Patient ja durch die Thrombektomie „geheilt“ worden sei. ▶ Ein Patient ist wegen Vorhofflimmern antikoaguliert, erleidet einen ischämischen Insult mit Verschluss der A. cerebri media und hat bei der Aufnahme eine INR von 2,0. Es wird unter diesen Umständen auf eine systemische Thrombolyse verzichtet und der Patient thrombektomiert. Die Erstattung wird verweigert, da der MDK argumentiert, dass in den großen Studien 90 % der Patienten zunächst lysiert sowie anschließend thrombektomiert wurden und wir in diesem Fall von diesem Procedere abgewichen seien. Leider kann diese Kette von Beispielen vielfältig fortgesetzt werden. Es kristallisieren sich mehrere Ansatzpunkte in der MDKArgumentation heraus, die bedauerlicherweise auch durch die (höchst-) richterliche Rechtsprechung unterstützt werden. Der erste Ansatzpunkt ist die gängige Praxis der buchstabengetreuen Auslegung der Anforderungen des OPS. Hier wird übersehen, dass die Mindestmerkmale im OPS „Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls“ (und den anderen OPS-Kodes) Soll-Vorstellungen sind, die in der Praxis nicht zu 100 % eingehalten w (...truncated)


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Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Dr. med. Peter Lütkes. MDK — ein Risikofaktor für Universitätskliniken?, InFo Neurologie + Psychiatrie, 2016, pp. 3-4, Volume 18, Issue 5, DOI: 10.1007/s15005-016-1745-1