Im Wein liegt die wütende Wahrheit
MMW Fortschritte der Medizin
Im Wein liegt die wütende Wahrheit
Teuflischer Blutdruck! 0 1
0 Dr. Herbert Zimmer , Freiburg
1 Dr. Luise Hess , Darmstadt
-
Ärztliche Erfahrung beschränkt sich nicht auf medizinisches Fachwissen.
Sie entsteht auch aus den mehr oder minder alltäglichen, heiter,
ärgerlich oder nachdenklich stimmenden Erlebnissen mit Patienten,
Kollegen und Mitarbeitern. Senden Sie uns Ihre Geschichte an:
.
_ Nach einem wahnsinnig
anstrengenden Praxistag fuhr ich mit meinem
Mann in eine gemütliche Weinstube in
den Rheingau, mit Blick auf den Rhein,
um auszuspannen.
Mit der Erholung war es erst mal nix.
Am Nebentisch saß ein Mann, der
immer lauter und aufgeregter auf seine
Begleiterinnen einredete. Die Situation
wurde schnell sehr unangenehm. Bald
konnte man es im ganzen Lokal knistern
spüren. Immer mehr Köpfe drehten sich
zu dem Wüterich um. Da reichte es
meinem Mann. „Sie gehen hier allen auf den
Zeiger“, fuhr er unseren Tischnachbarn
plötzlich an. Ich spürte, wie mein
Vegetativum ansprang. Kam es hier jetzt
auch noch zur Saalschlacht?
_ Bei einer 48-jährigen Patientin
diagnostizierte ich im Rahmen des
Checkups eine Hypertonie. In dem sich
anschließenden Beratungsgespräch
erklärte ich ihr, das man in ihrem Fall
versuchen sollte, die Lage medikamentös in
den Gri“ zu bekommen.
Sie wollte das allerdings nicht recht
wahrhaben. Sie beharrte darauf,
zunächst noch einmal für einige Wochen
daheim selbst ihren Blutdruck zu
messen. Ich diskutierte das nicht mit ihr, da
sie sich ja nicht in einem kritischen
Zustand befand und manche Patienten sich
am besten selbst überzeugen können.
Dazu, so dachte ich, kann eine
Blutdruckmessung in Eigenverantwortung
sicherlich beitragen.
Nach einigen Wochen rief sie mich
schließlich an, um über die Ergebnisse
ihrer Bemühungen zu sprechen. Mit
Inbrunst beteuerte sie: „Frau Doktor, die
systolischen Werte waren immer gut,
und auch die diabolischen Werte waren
nur minimal erhöht!“ ■
Dr. Michaela Rieke, Düsseldorf
Für eine
verö entlichte
Geschichte
gibt es bis zu
100 Euro!
Doch das Gegenteil trat ein: Der
aufgebrachte Mann entschuldigte sich,
fragte aber auch gleich: „Haben Sie eine
Tochter?“ Es war o“enbar der weibliche
Nachwuchs, der ihn so aus der Fassung
gebracht hatte.
Schon am nächsten Tag war mir die
Episode nützlich, als die Mutter einer
pubertierenden Tochter in meiner
Praxis erschien. Ihr Mädchen hatte wirklich
nichts ausgelassen, um die arme Mutter
auf die Palme zu bringen. Ich erhob
mich von meinem Platz und erzählte ihr
die Geschichte aus der Weinstube. Das
beruhigte die Frau und sie ging, glaube
ich, singend aus der Praxis: „You never
walk alone!“
Verständigungsprobleme
bei der Medikation
Unter meinen Patienten war auch eine
zunehmend demente Dame, bei der sich ein
Pfleger einquartiert hatte, der sie versorgte.
Wie viele Berufstätige aus dieser Branche
kam der Mann aus Polen und sprach nur
sehr gebrochen deutsch. Eines Tages kam er
in die Praxis, um die planmäßig
einzunehmenden Medikamente nachzubestellen.
Auf „Madopah“ und „Bisopol“ kam er noch,
dann stockte er, überlegte – und bestellte
schließlich „eine Abwassertablettäh“. ■ (...truncated)