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https://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2FBF03366047.pdf
Brauchen wir heute noch Digitalis?
Brauchen wir heute noch Digitalis?
FRAGE: Wie seit der DIG-Studie bekannt ist
wirkt Digitalis bei Herzinsuffizienz nicht le- bensverlängernd. Bei Überschreiten des engen therapeutischen Fensters nimmt die Mortalität sogar zu. Damit stellt sich die Frage
ob eine Digitalistherapie noch zeitgemäß ist? Wenn ja
bei welchen Pa- tienten sollte sie in Betracht gezogen werden?
ANTWORT VON PROF. DR. MED. ERLAND ERDMANN, KÖLN: Die Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (und damit auch der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie) sehen den Einsatz von Digitalis bei Vorhofflimmern und bei chronischer Herzinsuffizienz NYHA III und IV vor. Eine detailliertere Betrachtung ist allerdings notwendig:
Herzinsuffizienztherapie
-
Digitalis bei Vorhofflimmern
Herzglykoside sind geeignet, eine
Frequenzverlangsammung bei
tachyarrhythmischem Vorhofflimmern zu
erzielen. Da Herzglykoside bei
Tachyarrhythmia absoluta allerdings nur die
Ruhefrequenz senken, sollten dann Betablocker
zusätzlich gegeben werden, wenn auch
die belastungsinduzierte
Tachyarrhythmie behandelt werden soll, oder wenn
der Digitaliseffekt in mittlerer Dosierung
nicht ausreichend ist. Herzglykoside sind
nicht indiziert, Vorhofflimmern in den
Sinusrhythmus zu überführen.
Digitalis purpurea.
– Leser fragen – Experten antworten
Sie haben auch eine Frage zur
Pharmakotherapie, zu einer unklaren
Diagnose, einem ungewöhnlichen
Krankheitsverlauf ...
Schreiben Sie an Beate.Schumacher
@springer.com! Wir leiten Ihre
Fragen an unsere Experten weiter.
Digitalis bei chronischer
Herzinsuffizienz
Eine Verbesserung der Symptomatik bei
schwerer chronischer Herzinsuffizienz
durch Digitalis ist erwiesen – eine
Prognoseverbesserung hingegen nicht.
Allerdings sind die Untersuchungen dazu mit
recht hohen Digitalisdosen durchgeführt
worden. Retrospektive Analysen in den
letzten Jahren haben gezeigt, dass die
Patienten, die Digoxin niedrig dosiert
erhalten hatten und dementsprechend
niedrige Digoxinspiegel < 0,9 ug/ml
aufwiesen, auch einen lebensverlängernden
Vorteil hatten. Möglicherweise sind die nur
bei höherer Digitalisdosierung
(Digoxinspiegel > 1 ug/ml) nachweisbaren positiv
inotropen Effekte eher unerwünscht.
Hingegen ist die antiadrenerge Wirkung die
eigentlich therapeutische.
Deshalb darf man heute wohl sagen,
dass auch bei chronischer schwerer
Herzinsuffizienz im Sinusrhythmus eine
niedrig dosierte Digitalistherapie (mit
niedrigen Glykosidspiegeln) indiziert
erscheint.
Nichtindikation
Herzglykoside sind nicht indiziert bei Cor
pulmonale mit Rechtsherzinsuffizienz, bei
akuter Herzinsuffizienz und bei
Bradykardie.
Welches Herzglykosid?
Wir bevorzugen Digitoxin,
weil es leichter steuerbar ist,
da es unabhängig von
Nieren- und Leberfunktion eine
konstante, wenn auch
langsame Abklingquote hat. Alle
mir bekannten
Digitalisintoxikationen sind durch
normale oder hohe
Digoxindosen bei/trotz verminderter
Nierenfunktion bedingt
gewesen – wenn man von
akzidenteller Mehreinnahme
absieht. Persönlich gebe ich
deshalb gerne Digitoxin 0,05
(bis 0,07) mg/Tag und
kümmere mich diesbezüglich
nicht um die Nierenfunktion. (...truncated)