Ist HDL-Anhebung der falsche Ansatz?
Ist HDL-Anhebung der falsche Ansatz?
MSD stoppt weltweit den Vertrieb des Lipidsenkers Tredaptive® (retardiertes Niacin/Laropiprant). Die HPS
-THRIVE- Studie hatte nicht den erhofften Aus- gang genommen. Nun wächst die Skepsis
mittels HDL-Cholesterin-Erhö- hung überhaupt einen kardioprotek- tiven Effekt zu erzielen.
betrugen nach MSD-Angaben 13 Millionen US-Dollar in den ersten 9 Monaten des Jahres 2012. Allein die HPS 2-THRIVE-Studie dürfte ein Vielfaches gekostet haben. Arzneimittelforschung ist demnach ein Geschäft mit beträchtlichen Risiken.
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Die düsteren Wolken waren schon im
Dezember 2012 aufgezogen, als MSD
überraschenderweise eine Pressemitteilung zur
HPS 2-THRIVE-Studie (Heart Protection Study
2-Treatment of HDL to Reduce the Incidence
of Vascular Events) herausgab. Der Hersteller
teilte mit, dass es durch die Behandlung nicht
gelungen sei, schwere kardiovaskuläre
Endpunkte zu verhindern. Gleichzeitig wurden
signifikant mehr schwerwiegende, aber nicht
tödliche Nebenwirkungen in der
Verumgruppe beobachtet. Die Daten sind preliminär,
genaue Angaben über Häufigkeit und Art der
Nebenwirkungen machte MSD nicht. In einer
Pressemitteilung der europäischen
Arzneimittelbhörde EMA ist von Blutungen,
Muskelschwäche, Infektionen und Diabetes die Rede.
MSD empfahl Ärzten, keine Neueinstellungen
vorzunehmen. Die EMA kündigte eine
Neubewertung von Wirksamkeit und Sicherheit
an. Das„Pharmacovigilance Risk Assessment
Committee“ hat diese nun vorgelegt: Die
Risiken der Arznei übersteigen eindeutig den
Nutzen, so das Votum. Die Voraussetzungen
für eine EU-Zulassung liegen nicht mehr vor.
MSD kündigte sofort den Vertriebsstopp an.
Die Firma empfiehlt Ärzten und Patienten,
alternative Therapien zu erwägen.
Großstudie mit über 25 000 Patienten
Die HPS 2-THRIVE, eine Großstudie mit 25 673
kardiovaskulären Risiko-Patienten,
untersuchte im Doppelblindtest über fast 4 Jahre
die Wirksamkeit von retardierter
Nikotinsäure/Laropiprant. Die Studie wurde von der
„Clinical Trial Service Unit der Oxford
University“ realisiert. Die Probanden nahmen
zusätzlich Statine ein.
Für den Hersteller MSD, einem
ausgewiesenen Spezialisten auf dem Gebiet der
Lipidsenker, ist das ein schwerer Schlag.
Tredaptive® war weltweit in 40 Ländern auf dem
Markt, nicht jedoch in den USA. Die Umsätze
Der Sargnagel für die Nikotinsäure
Die Therapie mit Nikotinsäure ist komplex
und mit Nebenwirkungen verbunden.
Besonders störend ist eine Flush-Symptomatik, die
oft zum Therapieabbruch oder zur
Dosisreduktion veranlasst. Schon vor 38 Jahren fand
mit dem „Coronary Drug Project“ die erste
randomisierte Langzeitstudie mit einer
hohen Dosis einen gewissen Langzeitschutz vor
kardiovaskulären Komplikationen. Eine
Renaissance erfuhr das Medikament, nachdem
es 2004 gelungen war, eine retardierte,
langsam anflutende Form herzustellen (NIASPAN,
Fa. Merck), die besser verträglich war. Seit
2009 bietet MSD retardierte Nikotinsäure
kombiniert mit Laropiprant an, das die
FlushSymptomatik weiter abmildert.
Unklar war, ob die retardierte
Nikotinsäure einen klinischen Effekt bei Patienten haben
würde, die auf Statine eingestellt sind. Die
AIM-HIGH-Studie testete ihre Wirksamkeit –
ohne Laropiprant – bei 3400 kardiovaskulären
Risikopatienten, die auf Statine eingestellt
waren. Die Studie war wegen mangelnder
Wirksamkeit frühzeitig abgebrochen worden.
AIM-HIGH war jedoch viel zu klein, um die
sprichwörtlich hochgesteckten Ziele mit
statistischer Aussagekraft nachzuweisen.
Zwischen Verum- und Placebogruppe war nur ein
Unterschied von 4 mg/dl im HDL-Cholesterin
erzielt worden – viel zu wenig für eine kardiale
Protektion. Bei HPS 2-THRIVE besteht
angesichts der Größe und Laufzeit kaum ein
Zweifel, dass die Ergebnisse aussagekräftig sind.
HDL-Anhebung der falsche Ansatz?
Nach dem negativen Studienausgang sowie
dem Scheitern der ersten Vertreter der
CETPHemmer Torcetrapib und Dalcetrapib sinkt
die Hoffnung, dass sich mit einem Ansatz am
HDL-Cholesterin eine weitere Risikosenkung
erzielen lässt.„Nach allem was wir über HDL
bisher gelernt haben, ist es wohl nicht
ausreichend, nur über die HDL-Veränderung
etwas erreichen zu wollen“, erklärte Prof.
Klaus Parhofer, München, im Gespräch mit
Springer Medizin. Ohne genaue
Datenkenntnis könne man über die Ursachen des
Scheiterns nur spekulieren, so Parhofer. Man sieht
aber an geringen Umsätzen, dass die
Nikotinsäure ein kompliziertes Medikament ist
und dass die Ärzte wohl erst die Daten
abgewartet haben, ehe sie die Substanz breit
einsetzten. Diese Strategie sei richtig
gewesen, so Parhofer.
Zwei hochpotente CETP-Hemmer
Derzeit werden zwei CETP-Hemmer in
großen klinischen Studien mit harten
Endpunkten getestet: Anacetrapib und Evacetrapib,
hochpotente Substanzen, die die
HDL-Fraktion massiv erhöhen und das LDL additiv zu
Statinen senken. Wie sind die Chancen?
Parhofer: „Ich bin skeptisch, weil wir in der
großen Dalcetrapib-Studie (dal-OUTCOME) keine
Wirkung sahen. Dalcetrapib war deutlich
schwächer wirksam, aber es hebt das HDL um
c (...truncated)