Kennzahlen in der Notfallmedizin
Kennzahlen in der Notfallmedizin
H. Marung 2
H. Dormann 1
M. Baubin 0
Liebe Kolleginnen
liebe Kollegen
0 Univ-Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin, Tirol-Kliniken/Medizinische Universität Innsbruck , Innsbruck, Österreich
1 Zentrale Notaufnahme Klinikum Fürth , Fürth , Deutschland
2 Institut für Rettungs- und Notfallmedizin , Kiel , Deutschland
-
der zweite Teil der Überschrift kommt
vielen von Ihnen als regelmäßige Leser
von Notfall + Rettungsmedizin bekannt
vor: eine der „10 Thesen für 10.000
Leben“ lautete genau so als Ergebnis der
1. Bad Boller Reanimationsgespräche [1].
Sie sollte ausdrücken, dass zum
Erreichen des Ziels, viele Tausend zusätzliche
Leben nach außerklinischem
Kreislaufstillstand zu retten, viel mehr gebraucht
wird als Teamarbeit, Medikamente oder
Technik. Nur aus einer umfassenden
Untersuchung der Reanimationsergebnisse
an möglichst vielen Standorten und
einem anschließenden Abgleich
untereinander sehen wir, welche Maßnahmen an
den Patienten und in welcher Qualität
wirklich durchgeführt werden.
Die dabei erfassten Parameter
werden auch als Kennzahlen bezeichnet.
Hinter diesem scheinbar abstrakten Begriff
verbirgt sich genau, was für die
Bewertung der Qualität unserer
notfallmedizinischen Versorgung unabdingbar ist:
ein objektiver, messbarer
Kriterienkatalog auf Basis der jeweilig gültigen
Vorgaben zur Diagnostik und Therapie, seien
es Leitlinien, Empfehlungen oder
Verfahrensanweisungen. Damit ist auch klar,
dass sich Kennzahlen überall dort zur
Beurteilung der Qualität in der
Notfallmedizin eignen, wo entsprechende Vorgaben
existieren.
Sie dienen nicht nur dazu,
unterschiedlichste Notfallsituationen vom
Polytrauma über den ischämischen
Schlaganfall bis hin zur Anaphylaxie
zu untersuchen. Kennzahlen können zur
Analyse sämtlicher Schritte der
Notfallversorgung eingesetzt werden: vom
Eingang des Notrufs über Diagnostik
und Therapie durch den Rettungsdienst
bis hin zur Weiterversorgung in einer
geeigneten Klinik.
» Kennzahlen können zur
Analyse sämtlicher Schritte der
Notfallversorgung eingesetzt
werden
Pionierarbeit auf dem Gebiet der
Qualitätssicherung im Rettungsdienst leisten
seit einigen Jahren Lohs et al. Sie
beschreiben in ihrer Übersicht den Ansatz
und den Nutzen der
trägerübergreifenden Qualitätssicherung in
BadenWürttemberg. Basis ihrer Auswertungen
sind Qualitätsindikatoren, also
Kennzahlen, die Aussagen über die Einhaltung
der gültigen Vorgaben zulassen. Die
Autoren weisen dabei darauf hin, dass eine
Interpretation der Ergebnisse
differenziert erfolgen muss, um keine voreiligen
bzw. falschen Schlüsse zu ziehen, und
dass die Übermittlung erfasster Daten
das Qualitätsmanagement vor Ort in
den einzelnen Rettungsdienstbereichen
nicht ersetzen kann.
Dax et al. nehmen den Leser mit in
einen Bereich, der im Hinblick auf die
Analyse und Verbesserung der
Qualität viel zu lange im Abseits stand:
die Rettungsleitstelle. Auch hier steht
das Bundesland Baden-Württemberg,
aber auch Bayern im Fokus. Die
Autoren formulieren dabei das Ziel
einer länderübergreifend einheitlichen
Definition zur Abbildung der
Leitstellenleistung. Damit wäre ein objektiver
Vergleich auch mit Leitstellen in
Schleswig-Holstein oder Sachsen möglich –
und warum nicht auch in Basel oder
Tirol?
Bernar et al. skizzieren für eben dieses
österreichische Bundesland die
Ergebnisse des ersten Tiroler
NEF-BenchmarkBerichts, also der
standortübergreifenden Analyse der Versorgungsqualität im
Notarztdienst. Ziel des Berichts war, die
Eignung der verwendeten Kennzahlen zu
überprüfen, aber in erster Linie,
Abweichungen von Standards zu erkennen
sowie den Benchmark-Bericht unter den
Notarztstützpunkten zu kommunizieren.
Wie Arbeiten z. B. aus dem Bereich der
Versorgung nach Herzinfarkt [2] oder
Schlaganfall [3] zeigen, kann durch
derartiges, regelmäßiges Feedback an die
Durchführenden – ob
Rettungsfachpersonal, Notärzte oder Mitarbeiter in den
Notaufnahmen – tatsächlich das Ziel
erreicht werden, nicht nur ein Strohfeuer
zu entzünden, sondern die
Versorgungsqualität langfristig zu verbessern.
Die Notaufnahmen als weiteres
zentrales Glied der Versorgungskette von
Notfallpatienten werden neben den
Rettungsdiensten auch von einer
ansteigenden Zahl von Akut- und
Notfallpatienten frequentiert. Mit einer breiten
Palette von diagnostischen und
therapeutischen Möglichkeiten gilt es, den
zeitkritisch und schwer kranken Patienten zu
identifizieren, zu behandeln und weiter
zu distribuieren. Qualitätsindikatoren zu
diesem Versorgungsauftrag sind derzeit
in Deutschland quasi nicht existent und
aus der internationalen Literatur auch
nur marginal übertragbar. Da derzeit aber
durch verschiedene Arbeitsgruppen der
DGINA (Deutsche Gesellschaft
interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin) und
der Sektion Notaufnahmeprotokoll der
DIVI (Deutsche Interdisziplinäre
Vereinigung für Intensiv und Notfallmedizin)
sehr vielversprechende Initiativen
gestartet wurden, freut es uns einen ersten
Einblick in dieser Heftausgabe geben zu
können. Kull (...truncated)