Pleiotrope Effekte der renalen Denervation
Pleiotrope Effekte der renalen Denervation
In Deutschland scheint die renale De- nervation
an den Nierenarterien ein Renner zu sein
nicht nur auf Kon- gressen. Über
„Zentren“ bieten die Methode hierzulande zur Therapie der resistenten Hypertonie an. Weitere In- dikationen sind ante portas.
Kardiologie
-
Was in Deutschland nach einem
eleganten Durchmarsch einer sensationellen
Innovation aussieht, hat in den USA noch
nicht einmal die Zulassung erhalten. Erst
möchte die FDA die Ergebnisse einer von ihr
angeregten Studie sehen, ehe man
entscheidet. Die SIMPLICITY-3-Studie vergleicht nicht
nur die RD mit der konventionellen
medikamentösen Therapie, es wird auch überprüft,
ob die Intervention nicht überwiegend auf
einem Placeboeffekt beruht: Ein
Scheineingriff (Sham-Study) soll Auskunft geben.
Härtere Erfolgskriterien in SIMPLICITY 3
Im Unterschied zu den ersten
SIMPLICITYStudien wird die Dritte mehr Patienten, über
500, einschließen. Zudem wird die
ambulante 24-Stunden-Blutdruckmessung obligat.
Bisher war nur die Druckmessung im
Sprechzimmer vorgeschrieben. Die
SIMPLICITY-1und -2-Ergebnisse haben schon für Euphorie
gesorgt, auch wenn Skeptiker nicht zu
überhören waren und sind. So plädiert die
Hannoveraner Gruppe aus Pharmakologen,
Nephrologen und Kardiologen, die Methode
nur in klinischen Studien und bei sorgfältigst
gestellter Indikation einzusetzen, auch aus
ökonomischen Gründen. In ihrer Fallserie an
12 nicht selektierten Patienten mit
tatsächlich resistenter Hypertonie brachte die RD
nach 6 Monaten nichts, weder beim Druck
(157 vs. 157 systolisch), noch bei der Aktivität
des Sympathikus in den Muskeln (MSNA), bei
der Herzfrequenz- und Blutdruckvariabilität
(Brinkmann J. et al. Hypertension 2012;60:
1485–90). Die Autoren zeigten sich betroffen,
dass die RD in über 100 deutschen Zentren
angeboten wird, Tendenz anwachsend.
Prof. Felix Mahfoud, Universitätsklinikum
Homburg / Saar, zeigte sich von ihrem
Nutzen völlig überzeugt. Er verwies auf viele
positive Daten, vor allem auf die seiner
überaus aktiven und kreativen Forschungsgruppe.
Drei bis vier Millionen resistente
Hypertoniker in Deutschland würden auf bessere
Therapieoptionen warten (schätzungsweise gibt
es 35 Mio. Hochdruckkranke in Deutschland).
Wie hoch die Zahl der tatsächlich resistenten
Hypertoniker ist, weiß niemand genau, nicht
nur in Deutschland. So unternahm Stacie L.
Daugherty von der Universität von Colorado
in Denver eine retrospektive Kohortenstudie
in zwei landesweiten Versorgungsplänen, in
denen auch Hypertoniker erfasst waren. Von
knapp 206 000 Hypertonikern entwickelten
eineinhalb Jahre nach Therapiebeginn 1,9%
eine resistente Hypertonie, also 1 von 50
Hypertonikern.
Herzinsuffizienz erlangt Studienreife
Dabei handelte es sich vornehmlich um
ältere Männer mit Typ-2-Diabetes. Sie hatten
ein erhöhtes Risiko an kardiovaskulären
Komplikationen verglichen mit
Hypertonikern ohne resistente Formen (Circulation
2012;125:1635–42). Mit der RD sei, so
Mahfoud, eine systemische Sympathikolyse zu
erlangen, von der andere Organe bzw.
Stoffwechselsysteme profitieren könnten. Die
Liste der pleiotropen Effekte enthält die
Herzinsuffizienz, auch die diastolisch
bedingte, Arrhythmien, die Insulinsensitivität,
chronische Niereninsuffizienz und die
obstruktive Schlafapnoe. Dazu laufen
Forschungen.
Bereits Studienreife hat die
Herzinsuffizienz erlangt: In der RE-ADAPT-CHF-Studie
(Renal Denervation with chronic heart
Failure) sollen ca. 100 Patienten mit
Herzinsuffizienz (NYHA II und III) mit einer
linksventrikulären Auswurffraktion von <40%, aber
ohne resistente Hypertonie, rekrutiert
werden. Eine noch passable Nierenleistung
(eGFR 30–75 ml/min/1,73 m ) und eine
Basismedikation nach aktuellem Standard
werden vorausgesetzt.
Ins Visier der Homburger RD-Gruppe ist
auch die Frage gerückt, ob sich die RD
günstig auf kardiale Arrhythmien auswirkt.
Schließlich ist bei der Rhythmuskontrolle das
autonome Nervensystem bedeutsam, wie
sich am Einsatz von Betablockern zur
Vorhofflimmern-Therapie ableiten lässt. Viel spricht
dafür, dass die RD eine betablockerähnliche
Wirkung hat. In ersten Kasuistiken zeigte sich
eine Modulation des autonomen
Nervensystems nach der RD hinsichtlich der
Frequenzkontrolle, ohne die atriale Refraktionszeit, die
Umbauprozesse oder den Blutdruck zu
beeinflussen. Bei Patienten mit paroxysmalem
Vorhofflimmern könnte das vorteilhaft sein
(Linz D, et al. Hypertension 2013;61:225–31).
Das freilich sind erst Forschungsansätze, die
verheißungsvoll klingen, aber längst nicht
die klinische Feuertaufe bestanden haben.
Einen überzeugenden Nachweis, dass mit
der RD ein sicherer, anhaltender und
signifikanter Therapieerfolg zu erzielen ist,
erwartet man von der SIMPLICITY-3-Studie.
Anzumerken ist, dass viele Gerätehersteller in den
Wettbewerb mit dem Hersteller des
Simplicity-Katheters getreten sind, in der Hoffnung,
einfachere und vielleicht wirksamere
Denervations-Verfahren zu entwickeln. Im Fokus
steht hier auch die resistente Hypertonie.
Deshalb (...truncated)