Das falsche Bild von der CT
Das falsche Bild von der CT
Die Computertomografie liefert fantastische Aufnahmen von sehr hoher Qualität. Aber die Strahlendosis wird vielfach unterschätzt
auch von Klinik- ärzten
wie Dr. med. Christoph Heyer
Radiologe am Klinikum der Ruhr- Universität Bochum
in einer Untersuchung feststellte.
MMW: Wie hoch ist die Strahlenbelastung einer Computertomografie im Vergleich zu konventionellen Röntgenaufnahmen? Heyer: Bei einer normalen diagnostischen CT beträgt die Strahlendosis zwischen 3 und 10 mSv. Bei der Beurteilung der Herzkranzgefäße werden durchaus Werte bis 20 mSv erreicht, weil hier qualitativ hochwertige Bilder mit hoher Auflösung erforderlich sind. Demgegenüber ist eine Röntgenaufnahme mit modernen digitalen Detektorsystemen bereits mit 0,03 mSv möglich. Selbst im Vergleich zu älteren Röntgengeräten stellt die Computertomografie eine erheblich stärkere Belastung dar. Zum Beispiel ist die Dosis bei einer Thorax-CT-Aufnahme 300- bis 400-mal so hoch wie bei der entsprechenden konventionellen Röntgenuntersuchung.
- Manager-Check-up; „Strahlenhygienisch eine Katastrophe“
-
MMW: Ist bei einer CT bereits mit einer
Gesundheitsgefährdung zu rechnen?
Heyer: Es gibt keine untere Schwelle,
bei der man sicher sein kann, dass die
Strahlung keine Schäden verursacht. Mit
minimalen Strahlendosen kann man
theoretisch schon Schäden provozieren. Ziel
muss deshalb sein, jede Form ionisierender
Strahlung zu vermeiden.
Daten über die Gefährlichkeit
ionisierender Strahlung stammen größtenteils
von Atombombenopfern aus Hiroshima.
Anhand dieser Daten hat man
nachgewiesen, dass ab Dosen von 50 mSv von
einem Krebsrisiko auszugehen ist. Wenn
man bedenkt, dass manche Patienten im
Krankheitsverlauf drei, vier CTs bekommen,
könnten durchaus Werte erreicht werden,
bei denen man – zumindest statistisch
gesehen – von einer konkreten Gefährdung
ausgehen muss.
MMW: Werden in Deutschland zu viele
CT-Untersuchungen durchgeführt?
Heyer: Natürlich wird die fantastische
Qualität der Aufnahmen gerne
angenommen, sodass die Untersuchungszahlen
ständig steigen. Der Anteil der
Computertomografie an der Gesamtdosis, die durch
Röntgenuntersuchungen in Deutschland
hervorgerufen wird, liegt mittlerweile bei
50%, obwohl die Computertomografie nur
8% aller Untersuchungen ausmacht. Dazu
tragen vor allem die Hochdosisverfahren
bei, z. B. Herz-CTs.
Man darf aber die Computertomografie
deswegen nicht verteufeln. Wir sind froh,
dass wir diese Geräte haben, denn es gibt
zahlreiche Indikationen, bei denen wir
nicht um ein CT herumkommen. Kritisch
muss man sehen, dass manchmal die
Indikation nicht ausreichend überprüft wird.
MMW: Wann ist ein Herz-CT sinnvoll,
wann nicht?
Heyer: Es gibt bestimmte
Befundkonstellationen, bei denen ein Herz-CT sinnvoll
ist, z. B. bei Verdacht auf eine koronare
Anomalie, zur Verlaufskontrolle nach
Bypassoperation, für Patienten mit typischen
Angina-pectoris-Symptomen. Aber der
MMW: Wo wird die Computertomografie
unnötigerweise eingesetzt?
Heyer: Zum Beispiel bei Patienten mit
Lungenentzündung, für die nach der
Behandlung ein Verlaufs-CT angefordert
wird, um zu dokumentieren, dass sich die
Lungenentzündung zurückgebildet hat.
Die CT-Aufnahme hat hier für das weitere
Vorgehen nichts zu sagen. Immer häufiger
werden auch banale Frakturen mit einer
CT dargestellt, obwohl deren Aussagekraft
die eines konventionellen Röntgenbildes
nicht wesentlich überschreitet. Bei einigen
Indikationen liefern auch Ultraschall oder
Kernspintomografie sehr gute Ergebnisse,
sodass wir auf ein CT verzichten können,
z. B. bei Lebertumoren oder bei
Erkrankungen im Bauchraum bei Kindern.
Privat-Check-ups in Diagnosekliniken
sind in Mode, aber strahlenhygienisch
hält Dr. Christoph Heyer diese
Untersuchungen für ein großes Problem. Nach
seinen Worten gibt es bislang keine
einzige Studie, die nachweisen konnte, dass
diese Screeninguntersuchungen das
Risiko für irgendwelche Erkrankungen
statistisch senken würden. Im
Gegenteil: Man setzt sich einer relativ hohen
Strahlenbelastung aus.
„Strahlenhygienisch gesehen sind Ganzkörper-CT und
Herz-CT ohne entsprechende Indikation
eine Katastrophe“, so Heyer. (...truncated)