An einem einzelnen Salatblatt verhoben

MMW - Fortschritte der Medizin, Jan 2017

Dr. Luise Hess

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An einem einzelnen Salatblatt verhoben

MMW Fortschritte der Medizin Das Wundermittel gegen Diabetes _ „Wenn ich Ihnen jetzt erzähle 0 woran ich mich verhoben habe 0 Frau Doktor 0 dann lachen Sie mich aus“ 0 erklärte mir ein schmerzgeplagter Patient. „Das wer- de ich gewiss nicht!“ 0 antwortete ich 0 wo- rau in ich mich au­ordernd in meinem Stuhl zurücklehnte 0 in Erwartung einer unerhörten 0 aber hei- teren Geschichte 0 die er noch sei- 0 0 Andreas M. Ploch , Feldkirchen - _ Einen Typ-2-Diabetiker, dessen HbA1c-Wert trotz Ausschöpfung der oralen Möglichkeiten kontinuierlich anstieg und sich auch durch diätische Maßnahmen nicht bremsen ließ, stellte ich auf eine basal mit einem LangzeitInsulinanalogon unterstützte orale §erapie ein. Der Patient wurde ausführlich in die Anwendung des Injektors eingewiesen, und ich hatte den Eindruck, er habe alles verstanden. Nach etwa neun Wochen kam der Patient verabredungsgemäß zur Laborkontrolle, wobei sich erstaunlicherweise nicht nur ein gravierender Anstieg der Nüchternglukose, sondern auch des HbA1c-Werts zeigte. Der Patient beteuerte, das „neue Medikament“ getreu meinen Anweisungen gespritzt zu haben. Zudem betonte er, er habe sich ohne die vielen anderen Tabletten außerordentlich wohl gefühlt. Mir ‘el es bei seinen Worten wie Schuppen von den Augen: Der Gute hat leider geglaubt, das „neue Medikament“, welches er für eine Art Wundermittel hielt, könne seine gesamte bisherige Medikation komplett ersetzen, weshalb er auf diese seit Wochen verzichtete. Ich habe mir seinen entgleisten Diabetes selbst zuschreiben müssen. Zwar hatte ich ihn ausführlich in der Anwendung des Pens geschult hatte, doch hatte ich im routinierten Gespräch o­enbar versäumt, ihn explizit darauf hinzuweisen, dass er seine bisherige Medikation natürlich auch weiterhin einnehmen muss. nen Kindern und Kindeskindern erzählen könnte. Doch hatte der Mann nicht etwa eine Braut über eine Schwelle getragen, was bei ihm das Naheliegendste gewesen wäre. Auch auf der Arbeit kam er nicht in die Verlegenheit, schwer heben zu müssen. Es war noch nicht einmal ein Kasten Bier gewesen, der für seinen Rücken zu viel gewesen war. Nein, verhoben hatte er sich – an einem Salatblatt! Er schilderte mir nun theatralisch, wie er sich über die Salatbar gebeugt hatte, um sich dieses ‘ese Blatt Grünzeug zu angeln. Dabei sei es eben passiert: Er sei einfach nicht mehr hochgekommen. Peinlich, peinlich! Die Kollegen waren dann so freundlich gewesen, ihn zu mir zu schleppen. Wer den Schaden hat, muss für den Spott nicht sorgen. Nachdem ich den Patienten medizinisch versorgt hatte, ging es für mich noch an die Bürokratie. Bei der Suche nach dem ICD-Code unterstützte mich das Computerprogramm tatkrä”ig. Schon nach Eingabe der ersten vier Buchstaben bekam ich einen Vorschlag gemacht – allerdings schien dem Programm das „Verheben“ weniger wahrscheinlich als die „Verheimlichte Schwangerscha”“ (Z35.3). Ich seufzte. Man ist es ja gewohnt. Wenn ich einen „Sturz“ codieren will, wird mir auch immer als erstes eine „Sturzgeburt“ (O62.3) vorgeschlagen, was in unserer Praxis eher seltener vorkommt. (...truncated)


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Dr. Luise Hess. An einem einzelnen Salatblatt verhoben, MMW - Fortschritte der Medizin, 2017, pp. 24, Volume 159, Issue 1, DOI: 10.1007/s15006-017-9143-2