Vorwort

Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik, Feb 2017

Hartmut Bleumer, Rita Franceschini, Stephan Habscheid, Niels Werber

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Vorwort

0 Hartmut Bleumer , Rita Franceschini, Stephan Habscheid und Niels Werber »Turns: Performative und postcolonial, translational, iconic oder pictorial, spatial, topographical oder material, pragmatic, emotional und cognitive, aural und visual … - seit es mit der ›linguistischen Wende‹ in Mode kam, kulturelle Phänomene von den leicht zu übersehenden Bedingungen ihrer Vermittlung her in den Blick zu nehmen, vollzieht die Germanistik (wie andere Philologien) eine Wende nach der anderen. Ein Kurs scheint sich weder im Rückblick noch als Zukunftstrend abzuzeichnen: Während jede Wende mit dem Vergessen der Vorherigen erkauft wird und sich das Fach und seine Teildisziplinen aufzulösen scheinen, stellt sich manch einer die Frage, ob sich die Germanistik, zumal in einem zunehmend von korporativer Pro lbildung und Strati kation geprägten Wissenschaftsbetrieb, wieder mehr auf ihren ›Kern‹ besinnen sollte, ob es mit anderen Worten einer - traditionalistisch verstandenen - germanistischen Wende der Germanistik bedarf. Andere halten, lange schon und auch heute noch, den Befund selbst für verfehlt: Verkennt der wohlfeile Spott über Erweiterungen, die Angst vor Überdehnungen des fachlichen Anspruchs nicht die gesellschaftlichen Hintergründe und legitimen wissenschaftlichen Gründe für immer neue Überschreitungen von Grenzen der alten Nationalphilologien und die Entstehung neuartiger inter- oder transdisziplinärer Forschungsrichtungen? Wenn das zuträfe: Welche Gegenstände und Problemstellungen wären dann aber - vor dem Hintergrund eines sich wandelnden Fachbegriffs - künftig noch als ›germanistische‹ (oder ›philologische‹) zu fassen? Eröffnen, so wäre also zu fragen, möglicherweise gerade die jüngeren, forciert transdisziplinären Fragestellungen innovative Möglichkeiten der konzeptionellen und methodischen Verknüpfung von Literatur- und Sprachwissenschaft, Neugermanistik und Mediävistik? Könnten etwa im Rekurs auf Schlüsselbegriffe wie ›Kultur‹ und ›Gesellschaft‹, ›Kommunikation‹ und ›Kognition‹ in einer gespaltenen Disziplin neue Brücken geschlagen werden im Sinne einer germanistischen Wende in die Zukunft?« Diese Fragen berühren auch die Geschäftsgrundlage der Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik, die seit vierzig Jahren eine Einheit des Faches voraussetzt, die hier zur Disposition steht. Wir haben, aus Anlass des Jubiläums, nach prägnanten Lagebeschreibungen, zugespitzten Einschätzungen und kontroversen Prognosen gesucht. Mit dem soeben wiedergegebenen Call for papers ging es uns darum, eine entsprechende Kontroverse anzuregen. Die zahlreichen, erfreulich pointierten Reaktionen auf diesen Call bilden den Hauptteil dieses Jubiläumsheftes - und sie zeigen: Die erwartete Kontroverse ist auf eine überraschende Weise im Gange. Auf den ersten Blick ähnlich anmutende Voten erweisen sich nämlich bei näherem Hinsehen als grundverschieden, dafür herrscht bei gegensätzlichen - Positionen in den Grundannahmen ein zum Teil irritierendes Einvernehmen. Und das heißt insgesamt: gerade durch die Spannung der Diagnosen, Positionierungen und Kritiken bildet sich kaleidoskopartig ein Mehrwert der Diskussion heraus, der die bloße Summe der Beiträge übersteigt. Dieses Heft der Lili versucht so in Auswahl und Arrangement der Texte einem Anliegen gerecht zu werden, dass am Ende des Heftes von einem wissenschaftsgeschichtlichen Beitrag von Jörg Schönert zum Projekt LiLi beschrieben wird. Dieser Beitrag stellt mithin keine Reaktion auf den Call dar. Er kommt vielmehr anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der Zeitschrift zum Abdruck, weil er rückblickend das Forum insgesamt charakterisiert, in dem die Antworten auf den Call jetzt zu lesen sind. Wir danken allen Beiträgern für die engagierten und klaren Stellungnahmen und wünschen den Lesern dieses Heftes – im Sinne des Calls – eine möglichst provozierende Lektüre. (...truncated)


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Hartmut Bleumer, Rita Franceschini, Stephan Habscheid, Niels Werber. Vorwort, Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik, 2017, pp. 7-8, Volume 43, Issue 4, DOI: 10.1007/BF03379469