Eine Frage der Ansprache

Wiener klinisches Magazin, Mar 2017

Verena Kienast

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Eine Frage der Ansprache

Eine Frage der Ansprache 0 V. Kienast SpringerMedizin Wien , Österreich 1 SpringerMedizin , Wien, Österreich V. Kienast Wiener klinisches Magazin - Die richtige Ansprache kann Wunder wirken. Die falsche dagegen kann nachhaltigen Schaden anrichten. Und Österreich ist mit seinem über Jahrhunderte gewachsenen Titelsystem ein fruchtbarer Boden dafür. Sich in dem Dschungel von akademischen, Amts- oder sonstigen Titeln zurechtzufinden, fällt sogar manch gelerntem Österreicher schwer, ganz zu schweigen von Besuchern aus anderen Ländern und Kulturkreisen. Ein unterschlagener „Herr Professor“, eine „Frau Magister“ zur Frau Doktor – das kann den Selbstwert ganz schön beschädigen. Auf der einen Seite hat das natürlich durchaus seine Berechtigung, haben die akademisch Titulierten ja doch im Allgemeinen hart dafür gearbeitet, ihren Studienabschluss – und den damit verbundenen Titel – zu erlangen. Und es bedarf schon Konsequenz und harter Arbeit, um dorthin zu gelangen. Für einen oder mehrere Ehrendoktortitel oder den verliehenen Professorentitel sollte man zumindest in seinem Berufsfeld gewisse Meriten erworben haben. Da bietet Österreich aktuell immerhin etwa 20 verschiedene Auszeichnungen für besondere Leistungen, wobei mancher Amtstitel durchaus gleichlautend wie der – ehrenhalber – verliehene Berufstitel sein kann. Es mutet wie eine eigene Wissenschaft an. In der akademischen Laufbahn hat sich seit der Anpassung des österreichischen Studiensystems an einen einheitlichen Europa-Standard – besser bekannt unter Bologna-Prozess – in vielen Studien nicht nur der Magisterabschluss vor das Doktorat geschoben, sondern auch noch das Bakkalaureat. Auch wenn das Ziel der Vereinheitlichung der Studien und damit einer größeren Mobilität der Studierenden im europäischen Raum damit nicht erreicht wurde. Im Bereich der Medizin ist es bekanntlich nicht einmal innerhalb Österreichs so leicht möglich, während des Studiums von einer Medizinischen Universität zu einer anderen zu wechseln. Und diese Unterschiede zwischen den öffentlichen MedUnis in Österreich setzen sich teilweise bis in die Anerkennungskriterien für im Ausland erworbene Studienabschlüsse fort, wie die nicht unbeträchtliche Zahl an Humanund Zahnmedizinern, die als Flüchtlinge aus den aktuellen Krisengebieten in Nah- und Mittelost oder auch aus Afrika gekommen sind, feststellen müssen. Im Bereich der Humanmedizin hat man sich zumindest auf ein gemeinsames Procedere geeinigt, in der Zahnmedizin ist diese Vereinheitlichung hingegen gescheitert und jeder der drei Standorte legt andere Kriterien für die Nostrifikationen an. Und das ist noch lange nicht das Ende des Wegs . . . aber das ist eine andere Geschichte. Respekt und Würde Es ist freilich nicht nur das Titel-„Un“Wesen, das manche atmosphärische Verstimmungen und Turbulenzen in Sachen Ansprache verursachen kann. Auch hier bietet das Krankenhaus bzw. das Gesundheitswesen eine reiche Ausbeute. Die abstrakte Referenz des „Falls“ – des „Pankreaskarzinoms“, des „Oberschenkelhalsbruchs“, der „LVAD“ – wird zwar seit geraumer Zeit als unpassend betrachtet. Hält sich aber mit einer gewissen Hartnäckigkeit. Dem Patienten als Person, scheint vor allem im Spital häufig seine Würde genommen zu werden. Das Gefühl des Ausgeliefertseins erhöht zwar die „Folgsamkeit“ des Patienten, aber nicht seine Eigenverantwortung und Eigenverantwortung, so stellt sich immer mehr heraus, ist ein wesentlicher Faktor für die Krankheitsbewältigung und für die Lebensqualität. Über lange Zeit gewachsene Gewohnheiten, sollten daher immer wieder in Frage gestellt werden. Sie wechseln ihre Bedeutung und ihren Sinn. Mit dem seit etwa 30 Jahren im eher legeren Umgang durchaus häufig verwendeten Multifunktionswort „Oida“ sollte man übrigens eher nicht Amtsträger adressieren, wie kürzlich ein Gerichtsurteil verdeutlichte. Auch wenn im Anlassfall ein recht empfindsames Missverständnis vorzuliegen scheint. Aber auch das ist eine andere Geschichte Korrespondenzadresse (...truncated)


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Verena Kienast. Eine Frage der Ansprache, Wiener klinisches Magazin, 2017, pp. 35, Volume 20, Issue 2, DOI: 10.1007/s00740-017-0166-1