A PDF file should load here. If you do not see its contents
the file may be temporarily unavailable at the journal website
or you do not have a PDF plug-in installed and enabled in your browser.
Alternatively, you can download the file locally and open with any standalone PDF reader:
https://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2Fs00740-017-0166-1.pdf
Eine Frage der Ansprache
Eine Frage der Ansprache
0 V. Kienast SpringerMedizin Wien , Österreich
1 SpringerMedizin , Wien, Österreich
V. Kienast Wiener klinisches Magazin
-
Die richtige Ansprache kann Wunder
wirken. Die falsche dagegen kann
nachhaltigen Schaden anrichten. Und
Österreich ist mit seinem über Jahrhunderte
gewachsenen Titelsystem ein fruchtbarer
Boden dafür. Sich in dem Dschungel von
akademischen, Amts- oder sonstigen
Titeln zurechtzufinden, fällt sogar manch
gelerntem Österreicher schwer, ganz zu
schweigen von Besuchern aus anderen
Ländern und Kulturkreisen.
Ein unterschlagener „Herr Professor“,
eine „Frau Magister“ zur Frau Doktor –
das kann den Selbstwert ganz schön
beschädigen. Auf der einen Seite hat das
natürlich durchaus seine Berechtigung,
haben die akademisch Titulierten ja doch
im Allgemeinen hart dafür gearbeitet,
ihren Studienabschluss – und den damit
verbundenen Titel – zu erlangen. Und es
bedarf schon Konsequenz und harter
Arbeit, um dorthin zu gelangen. Für einen
oder mehrere Ehrendoktortitel oder den
verliehenen Professorentitel sollte man
zumindest in seinem Berufsfeld gewisse
Meriten erworben haben. Da bietet
Österreich aktuell immerhin etwa 20
verschiedene Auszeichnungen für
besondere Leistungen, wobei mancher Amtstitel
durchaus gleichlautend wie der –
ehrenhalber – verliehene Berufstitel sein kann.
Es mutet wie eine eigene Wissenschaft an.
In der akademischen Laufbahn hat
sich seit der Anpassung des
österreichischen Studiensystems an einen
einheitlichen Europa-Standard – besser bekannt
unter Bologna-Prozess – in vielen
Studien nicht nur der Magisterabschluss vor
das Doktorat geschoben, sondern auch
noch das Bakkalaureat. Auch wenn das
Ziel der Vereinheitlichung der Studien
und damit einer größeren Mobilität der
Studierenden im europäischen Raum
damit nicht erreicht wurde. Im Bereich der
Medizin ist es bekanntlich nicht einmal
innerhalb Österreichs so leicht möglich,
während des Studiums von einer
Medizinischen Universität zu einer anderen zu
wechseln. Und diese Unterschiede
zwischen den öffentlichen MedUnis in
Österreich setzen sich teilweise bis in die
Anerkennungskriterien für im Ausland
erworbene Studienabschlüsse fort, wie die
nicht unbeträchtliche Zahl an
Humanund Zahnmedizinern, die als
Flüchtlinge aus den aktuellen Krisengebieten in
Nah- und Mittelost oder auch aus Afrika
gekommen sind, feststellen müssen. Im
Bereich der Humanmedizin hat man sich
zumindest auf ein gemeinsames
Procedere geeinigt, in der Zahnmedizin ist
diese Vereinheitlichung hingegen
gescheitert und jeder der drei Standorte legt
andere Kriterien für die Nostrifikationen
an. Und das ist noch lange nicht das
Ende des Wegs . . . aber das ist eine andere
Geschichte.
Respekt und Würde
Es ist freilich nicht nur das
Titel-„Un“Wesen, das manche atmosphärische
Verstimmungen und Turbulenzen in Sachen
Ansprache verursachen kann. Auch hier
bietet das Krankenhaus bzw. das
Gesundheitswesen eine reiche Ausbeute.
Die abstrakte Referenz des „Falls“ –
des „Pankreaskarzinoms“, des
„Oberschenkelhalsbruchs“, der „LVAD“ – wird
zwar seit geraumer Zeit als unpassend
betrachtet. Hält sich aber mit einer
gewissen Hartnäckigkeit. Dem Patienten
als Person, scheint vor allem im
Spital häufig seine Würde genommen zu
werden. Das Gefühl des
Ausgeliefertseins erhöht zwar die „Folgsamkeit“ des
Patienten, aber nicht seine
Eigenverantwortung und Eigenverantwortung, so
stellt sich immer mehr heraus, ist ein
wesentlicher Faktor für die
Krankheitsbewältigung und für die Lebensqualität.
Über lange Zeit gewachsene
Gewohnheiten, sollten daher immer wieder in
Frage gestellt werden. Sie wechseln ihre
Bedeutung und ihren Sinn. Mit dem
seit etwa 30 Jahren im eher legeren
Umgang durchaus häufig verwendeten
Multifunktionswort „Oida“ sollte man
übrigens eher nicht Amtsträger
adressieren, wie kürzlich ein Gerichtsurteil
verdeutlichte. Auch wenn im Anlassfall
ein recht empfindsames Missverständnis
vorzuliegen scheint. Aber auch das ist
eine andere Geschichte
Korrespondenzadresse (...truncated)