Die Rotatorenmanschette im Laufe des Lebens
Die Rotatorenmanschette im Laufe des Lebens
0 Abteilung für Sportorthopädie, Tech. Universität München, Klinikum rechts der Isar , München , Deutschland
1 Univ. Prof. Dr. med. A. B. Imhoff Abteilung für Sportorthopädie, Tech. Universität München, Klinikum rechts der Isar Ismaninger Str. 22, 81675 München , Deutschland
Arthroskopie
-
Risse in der Rotatorenmanschette (RM)
sind eine häufige Ursache von
Schulterschmerzen und
Beweglichkeitseinschränkungen der Schulter. Die Ätiologie der
Risse ist im Wesentlichen multifaktoriell
und altersabhängig. Die drei wichtigsten
Faktoren dabei sind die Reduktion der
peripheren Durchblutung, der repetitive
Stress mit Mikro- und Makrotraumen
sowie Verknöcherungen an der
Unterfläche des Akromions am Ansatz des
akromioklavikularen (AC) Ligaments.
Wichtig sind daneben Faktoren wie
Rauchen, Diabetes,
Hypercholesterinämie und Genetik [2]. Die
Altersabhängigkeit des Degenerationsprozesses
(internes Impingement) zeigt sich klar
in der altersspezifischen Prävalenz von
Rotatorenmanschettenrupturen (RMR)
in asymptomatischen Schultern. In einer
großen Studie von 411
asymptomatischen Probanden fanden sich
sonographisch bei den 50- bis 59-Jährigen in
13 % der Fälle Risse, bei den 60- bis
69Jährigen in 20 %, bei 70- bis 79-Jährigen
in 31 % und bei den über 80-Jährigen in
51 % [5].
Trotzdem ist nach wie vor unklar,
welche Parameter eine asymptomatische
RMR in eine symptomatische
konvertieren. Es bedarf einer gewissen Größe, dass
Schmerzen auftreten und die Funktion
beeinträchtigt wird. Größere
symptomatische Risse (>1,5 cm) bei jüngeren
Patienten verlaufen mit großer
Wahrscheinlichkeit progredient und sollten
einer früheren operativen
Rekonstruktion zugeführt werden, bevor degenerative
Muskel- und Sehnenveränderungen eine
Rekonstruktion unmöglich machen [4].
Dasselbe gilt für traumatische Risse bei
Patienten unter 60 Jahren, die den Arm
nicht mehr halten oder rotieren können,
da deren RM wahrscheinlich noch keine
signifikanten Altersveränderungen
aufweisen. Die beiden Autorengruppen um
Wellmann und Siebenlist widmen sich
dieser Thematik.
Kleinere Risse und Partialrisse sind
hingegen eher einer initial
konservativen, den Humeruskopf zentrierenden
Therapie zugänglich (assistierte Therapie
und Selbsttherapie). So sind sich heute
die meisten Schulterspezialisten einig,
dass das arthroskopische Débridement
bei Partialrupturen nur durch die
gleichzeitige Behandlung von Begleitläsionen,
wie z. B. einer SLAP-Läsion oder einer
Bizepssehneninsuffizienz, Sinn macht
und dabei auch die meisten Athleten
wieder zurück zum gleichen
Sportniveau bringen kann. Die Arbeiten der
Gruppen um Braun und Agneskirchner
beleuchten diese kontroverse
Literaturlage.
Bei Überkopfsportlern ist die RM
erheblichem Stress wie Fehlbelastung,
Überlastung der Sehneninsertionen und
sekundärem Impingement ausgesetzt.
Typische Sportarten sind Ballsportarten
(Handball, Tennis), Leichtathletik,
Rudern und Gewichtheben. Das Erkennen
der verschiedenen Läsionsmuster ist
auch für den Erfahrenen schwierig,
zumal gerade auch bei diesen Sportlern
bereits altersabhängige
Degenerationsprozesse neben den zusätzlichen
Begleitverletzungen vorhanden sind. Mehrere
Arbeiten aus den Gruppen von Beitzel,
Lehmann, Scheibel und Rose sind dieser
Thematik gewidmet.
Über 50 % der RMR entstehen nicht
durch traumatische Ereignisse, sondern
durch Überlastung („overuse“) und sind
Teil des Älterwerdens, so wie der
Verlust von Haaren und das Abnehmen der
Knochendichte. Trotzdem kann auch die
Rekonstruktion der lädierten
RM-Sehnen beim über 70-Jährigen Sinn machen.
In einer vergleichenden
Multizenterstudie ist zwar die Heilung der unter
50Jährigen deutlich besser, aber der
Funktionsgewinn und die Schmerzreduktion
sind bei beiden Gruppen gleichwertig [1,
3]. Diese Grenzindikationen werden in
den Arbeiten von Heuberer, Scheiderer
und Flury aufgegriffen, und neuere
Methoden – wie die superiore
Kapselrekonstruktion – werden beschrieben.
Korrespondenzadresse
Interessenkonflikt. A.B. Imhoff gibt an, dass kein
Interessenkonflikt besteht.
1. Bhatia S, Greenspoon JA, Horan MP, Warth
RJ, Millett PJ (2015) Two-year outcomes after
arthroscopic rotator cuff repair in recreational
athletes older than 70 years. Am J Sports Med
43(7):1737–1742
2. Dabija DI, Gao C, Edwards TL, Kuhn JE, Jain NB
(2017) Genetic and familial predisposition to
rotator cuff disease: a systematic review. J Shoulder
Elbow Surg. doi:10.1016/j.jse.2016.11.038
3. Moraiti C, Valle P, Maqdes A, Boughebri O, Dib C,
Giakas G, Kany J, Elkholti K, Garret J, Katz D, Leclère
FM, Valenti P (2015) Comparison of functional
gains after arthroscopic rotator cuff repair in
patients over 70 years of age versus patients under
50 years of age: a prospective multicenter study.
Arthroscopy 31(2):184–190
4. Tashjian RZ (2012) Epidemiology, natural history, and indications for treatment of rotator cuff tears. Clin Sports Med 31(4):589–604
5. Tempelhof S, Rupp S (1999) Seil R Age-related prevalence of rotator cuff tears in asymptomatic shoulders. J Shoulder Elbow Surg 8(4):296–299