Braune Flecken auf der DGK-Weste
CARDIOVASC
Braune Flecken auf der DGK-Weste
*Timo Baumann: Die Deutsche Gesellschaft für Kreislauforschung im Nationalsozialismus 1933 - 1945, Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017, ISBN 978-3-662-54399-3 illr e m u A . J ©
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Die Durchleuchtung
der NS-Vergangenheit
gehört zu den dunklen
Kapiteln der
medizinischen Fachgesellschaften.
Die DGK hat sich besonders
lange Zeit gelassen. Wie der
Initiator der unabhängigen
Aufarbeitung der NS-Zeit der
DGK, Prof. Georg Ertl, Würzburg,
anmerkte, ging dem Beschluss hierzu eine
schwierige Debatte voraus, „weil es
offenbar doch eine ausgeprägte
Zurückhaltung gab, noch lebende Akteure dieser
Zeit zu belasten oder das Andenken
Verstorbener zu be’ecken“.
Die braunen Flecken auf der DGK-Weste
sind nun für jedermann zu besichtigen,
der beauftragte Historiker Timo
Baumann, Düsseldorf, hat nach vierjähriger
Recherchearbeit die Ergebnisse in einem
fast 300 Seiten starken Buch* vorgelegt
und auf einer Gedenkfeier zu Beginn der
diesjährigen Jahrestagung vorgestellt.
Mit der Gleichschaltung auch der
medizinischen Verbände 1933 setzte die
Arisierung des Vorstands ein, Juden hatten
zugunsten von „Deutschblütigen“ zu
weichen. Die fachlich-thematische
Ausrichtung änderte sich, die Nutzanwendung
für die militärische Aufrüstung
dominierte. Ein besonders erschütterndes Kapitel
widmete Baumann der DGK als
„Plattform von Luftwaženforschern“.
Unter den verbrecherischen
Humanversuchen erwiesen sich die
Unterkühlungsexperimente als besonders abscheulich.
Hier eine „Versuchsanordnung“: Die
Versuchspersonen werden mit voller
Fliegeruniform, Winter- oder
Sommerkombination und Fliegerhaube,
ins Wasser gebracht. Eine Schwimmweste
soll das Untergehen verhindern. Die
Wassertemperaturen lagen zwischen 2,5 und
12 °C. Es kam zu Todesfällen, wenn
Hirnstamm und Hinterhirn mit unterkühlt
wurden. Sobald die Unterkühlung 28 °C
(Körperkerntemperatur) erreicht hatte,
starb die Versuchsperson mit Sicherheit
trotz aller Rettungsversuche.
Im KZ Dachau waren auch
DGK-Mitglieder an den Unterdruck- und
EiswasserVersuchen beteiligt. Besonders grausam
erscheinen die Versuche zur
Trinkbarmachung von Meerwasser. Bis zu zwölf Tage
bekamen die „Probanden“ Meerwasser
zu trinken. In einer Verfügung hieß es:
„[...] da in dieser Versuchsreihe mit
dauernden gesundheitlichen Schädigungen
bzw. dem Tode der Versuchsperson zu
rechnen ist, sollen als Versuchspersonen
Leute gewonnen werden, welche seitens
des Reichführers SS zur Verfügung
gestellt werden“.
Plötzlicher Herztod: Verkannte Risiken –
Kollateralschäden in Herz und Hirn
Der plötzliche Herztod ist nicht nur die nale Komplikation von Herzinfarkt,
Arrhythmien oder Herzschwäche. Auch andere oft verkannte Ursachen können
die Pumpe abschalten. In einer Sitzung saßen als Herzschädlinge etwas
überraschend Epilepsie, Takotsubo, Schlaganfall und Disstress auf der Anklagebank.
er plötzliche Herztod (sudden
cardiac death: SCD) beendet in
Industrieländern jedes füne Leben, die Inzidenz:
1 pro 1.000 pro Jahr, das bedeutet
jährlich 400.000 Fälle in Europa.
Risikofaktor Epilepsie
In der Neurologie kennt man den
plötzlichen Tod von Epileptikern: Bei dem
SUDEP (sudden unexpected death in
epilepsy) handelt sich um einen plötzlich
auretenden, ungeklärten Tod bei
Epilepsie ohne Anhalt für ein relevantes
Trauma, mit oder ohne Anhalt für einen
vorangegangenen epileptischen Anfall.
Betro’en sind vor allem relativ junge
Personen, sie sterben meistens im Schlaf.
Das Risiko für einen SUDEP liegt
nach Angaben von Wikipedia bei 50 bis
100 von 100.000 Epilepsie-Patienten pro
Jahr. In der o–ziellen Todesstatistik
taucht SUDEP nicht auf, weil er im
ICDDer ehemalige langjährige
DGK-Geschäftsführer Prof. Gunther Arnold präsentiert die
Forschungsergebnisse von Timo Baumann.
Die Forschungsergebnisse von Timo
Baumann gehen nicht nur akribisch ins
Detail, es werden auch die beteiligten
Akteure zitiert, soweit das
Quellenmaterial reichte. Die Zeit der Verdrängung und
Vertuschung ist vorbei. Die braunen
Flecken haben Namen bekommen.
Dr. med. Jochen Aumiller
10 Diagnoseschlüssel von 2013 nicht
vorgesehen ist.
Die Frage ist nun, ob sich hinter dem
SUDEP ein plötzlicher Herztod verbirgt.
Streng wissenschalich verlangt die
Diagnose SUDEP eine negative Autopsie,
d. h. begleitende Herzkrankheiten
werden ausgeschlossen.
Der Kardiologe Hanno L. Tan von der
Universität Amsterdam überprüe das
SCA-Risiko bei Epileptikern anhand der
ARREST-Studien (AmsteRdam
REsusitation Studies). In die Datenbasis ›ießen
Krankengeschichten ein, die von den
Allgemeinärzten oder Hospitälern
geliefert werden, außerdem der
Medikamentenverbrauch ein Jahr vor dem SCA,
beigesteuert von Apothekern, sowie die
Umstände der Reanimation (Utstein
Template). Zur Interpretation der Daten
trugen zwei Kontrollgruppen bei:
Pati (...truncated)