Facebook or loss of face?

Psychonomic Bulletin & Review, May 2017

Ausgehend von paradigmatischen Ansprüchen der Gruppendynamik sowie Erfahrungen in gruppendynamischen Trainingsgruppen und Diskussionen mit Studierenden und Trainer/innen beschäftigen wir uns in reflexiver Form mit der Grenzdialektik von direkter und indirekter Kommunikation und deren Einfluss auf die Identitätsbildung junger Menschen. Wir widmen uns dem Zusammenhang von entgrenzender Globalisierung, einer Identitätssuche im Dschungel der Selbstoptimierungsmöglichkeiten, der Rolle der virtuellen, indirekten Kommunikation – wenn es darum geht, in größtmöglicher Freiheit ein größtmögliches Maß an Zugehörigkeit zu kreieren – und der Sehnsucht nach Individualität, die das Netz überfordert. Dabei geht es uns weniger um die Besonderheiten der Generationen „Y“ – kritisch konnotiert kann diese Diskussion auch als Hype bezeichnet werden –, vielmehr interessieren uns historische, gesellschaftspolitische und ökonomische Hintergrundfolien, welche unsere Kommunikationsprozesse steuern und beeinflussen und weshalb diese Entwicklungen – insbesondere im gruppendynamischen Kontext – verstärkte Aufmerksamkeit verdienen.

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Facebook or loss of face?

Gr Interakt Org Facebook or loss of face? Zur Grenzdialektik direkter versus virtueller (indirekter) Kommunikation am Beispiel der Gruppendynamik 0 1 Mag. Dr. Ruth Erika Lerchster 0 1 0 Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF), Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt , Sterneckstraße 15, 9020 Klagenfurt am Wörthersee, Österreich 1 Schlüsselwörter Gruppendynamik · Soziale Netzwerke · Globalisierung · Virtuelle Kommunikation Group dynamics; Social network; Globalisation; Virtual communication - Facebook or loss of face? The contradiction between direct versus virtual (indirect) communication by the example of group dynamics 1 Einleitung Man nennt sie „Generation Y oder Z, Digital Natives oder Millennials“ und meint eine Generation, die – immer in Relation zu vergangenen Zeiten und älteren Generationen gesehen – scheinbar bemerkenswert anders sein soll. Trendstudien1 und eine Vielzahl von Publikationen beschäftigen sich mit den digital sozialisierten Heranwachsenden, eine einheitliche Diagnose zeichnet sich dennoch nicht ab. Die Ergebnisse sind so umfangreich wie widersprüchlich. Gezeitigt wird diesen Generationen ein anderer Leistungsbegriff, ein hoher Anspruch an Offenheit in Bezug auf Religion, Sexualität und Politik. Die Generation, deren Ruf nach Individualität, Freiheit, open education, open science, open innovation, open government und open data allerorts zu hören ist und der man nachsagt, einem technologisch getriebenen Lebensstil zu frönen, beschäftigt die Wissenschaft, verunsichert die Wirtschaft und beeinflusst die Gesellschaft. Die Wissenschaft untersucht und beschreibt Phänomene, Verhaltensweisen und Kommunikationsmuster, die Wirtschaft interessiert die Arbeitsmotivation und mit welchen Führungskräften sie künftig zu rechnen haben bzw. welche Rahmenbedingungen gefordert und welche Veränderungen notwendig werden (vgl. Sujansky und Ferri-Reed 2009; Scholz 2014; Klaffke 2014). Auf gesellschaftlicher Ebene ist zu beobachten, dass eine Generation aufgefordert wird, sich zu empören (vgl. Hessel 2011), sich als Wutbürger2 zu artikulieren, oder wieder mehr „selbst zu denken“ (vgl. Welzer 2013). Parallel dazu wird vor den „intelligenten Maschinen“ gewarnt, die in unser Leben eindringen und uns unserer Freiheit berauben (vgl. Hofstetter 20143). Zudem verändert sich das Bild des 1 Vgl. u. a. Sinus Studie: http://www.springer.com/de/book/ 9783658125325; Juvenir Studie für die CH, Juvenir 1.0–4.0: http:// www.juvenir.ch/; Shell Jugendstudie: http://www.shell.de/ueberuns/die-shell-jugendstudie.html; JIM-Studie: https://www.mpfs.de/ fileadmin/files/Studien/JIM/2016/JIM_Studie_2016.pdf. Zugegriffen: 28.11.2016. 2 Vgl. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-74184564.html. Zugegriffen: 04.12.2016. 3 Unter Hofstetters Mitwirkung entstand darüber hinaus der Entwurf für eine „Charta der digitalen Grundrechte der europäischen Union“ – vgl. https://digitalcharta.eu/intiatorinnen-und-initiatoren/. öffentlichen Raumes, Veränderungen, die Künstler/innen – den Diskurs über die „down head generation“ folgend – zu interessanten Installationen motivieren, wie Abb. 1 veranschaulicht. Unsere Überlegungen sind als Beginn eines gemeinsamen Nachdenkens zu verstehen, als eine Reflexion, die von Beiträgen unserer Studierenden begleitet wird und die die Absicht verfolgt, einen Diskussionsraum zu eröffnen und weiterführende Fragen anzubieten. 2 Alte und neue Ansprüche an die Gruppendynamik Das Postulat der gesellschaftlichen Wirksamkeit der Gruppendynamik hat sich seit ihren Anfängen nicht wesentlich verändert. Die Lewin’sche Forderung adäquate soziale Techniken zu entwickeln, konnte sich (wenn auch nach wie vor auf Widerstand stoßend) innerhalb der Wissenschaft etablieren und wird in unterschiedlichen Forschungszugängen deutlich (vgl. Glaser und Strauss 2005; Heintel 2005; Lerchster 2011; Ukowitz 2012; Unger 2014; Krainer und Lerchster 2015). Die Aufgabe der Wissenschaft, an einer gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft mitzuwirken, wird bereits von Lewin formuliert: „Die für die soziale Praxis erforderliche Forschung läßt sich am besten als eine Forschung im Dienste sozialer Unternehmungen oder sozialer Technik kennzeichnen. Sie ist eine Art Tat-Forschung (,action research‘), eine vergleichende Erforschung der Bedingungen und Wirkungen verschiedener Formen des sozialen Handelns und eine zu sozialem Handeln führende Forschung“. Denn, „eine Forschung, die nichts anderes als Bücher hervorbringt, genügt nicht“ (Lewin 1953, S. 280). Den Pionieren der Gruppendynamik ging es um Demokratielernen, um die Steigerung der Solidarität (Bradford et al. 1964), um einen adäquaten Umgang mit Rassenunterschieden (Benne 1964), um das Verständnis von Affekten in Gruppen (Pagès 1974), um das Verhältnis von Autorität und Selbststeuerung in Gruppen und Organisationen (Lapassade 1972). Forderungen, die in Anbetracht der politischen Entwicklungen nichts an Aktualität e (...truncated)


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Mag. Dr. Ruth Erika Lerchster, Em. o. Univ.-Prof. Dr. Peter Heintel. Facebook or loss of face?, Psychonomic Bulletin & Review, 2017, pp. 91-102, Volume 48, Issue 2, DOI: 10.1007/s11612-017-0365-7