Facebook or loss of face?
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Facebook or loss of face?
Zur Grenzdialektik direkter versus virtueller (indirekter) Kommunikation am Beispiel der Gruppendynamik 0 1
Mag. Dr. Ruth Erika Lerchster 0 1
0 Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF), Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt , Sterneckstraße 15, 9020 Klagenfurt am Wörthersee, Österreich
1 Schlüsselwörter Gruppendynamik · Soziale Netzwerke · Globalisierung · Virtuelle Kommunikation
Group dynamics; Social network; Globalisation; Virtual communication
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Facebook or loss of face?
The contradiction between direct versus virtual (indirect)
communication by the example of group dynamics
1 Einleitung
Man nennt sie „Generation Y oder Z, Digital Natives
oder Millennials“ und meint eine Generation, die – immer
in Relation zu vergangenen Zeiten und älteren
Generationen gesehen – scheinbar bemerkenswert anders sein
soll. Trendstudien1 und eine Vielzahl von Publikationen
beschäftigen sich mit den digital sozialisierten
Heranwachsenden, eine einheitliche Diagnose zeichnet sich dennoch
nicht ab. Die Ergebnisse sind so umfangreich wie
widersprüchlich. Gezeitigt wird diesen Generationen ein anderer
Leistungsbegriff, ein hoher Anspruch an Offenheit in
Bezug auf Religion, Sexualität und Politik. Die Generation,
deren Ruf nach Individualität, Freiheit, open education,
open science, open innovation, open government und open
data allerorts zu hören ist und der man nachsagt, einem
technologisch getriebenen Lebensstil zu frönen, beschäftigt
die Wissenschaft, verunsichert die Wirtschaft und
beeinflusst die Gesellschaft. Die Wissenschaft untersucht und
beschreibt Phänomene, Verhaltensweisen und
Kommunikationsmuster, die Wirtschaft interessiert die
Arbeitsmotivation und mit welchen Führungskräften sie künftig zu
rechnen haben bzw. welche Rahmenbedingungen gefordert
und welche Veränderungen notwendig werden (vgl.
Sujansky und Ferri-Reed 2009; Scholz 2014; Klaffke 2014).
Auf gesellschaftlicher Ebene ist zu beobachten, dass eine
Generation aufgefordert wird, sich zu empören (vgl. Hessel
2011), sich als Wutbürger2 zu artikulieren, oder wieder
mehr „selbst zu denken“ (vgl. Welzer 2013). Parallel dazu
wird vor den „intelligenten Maschinen“ gewarnt, die in
unser Leben eindringen und uns unserer Freiheit berauben
(vgl. Hofstetter 20143). Zudem verändert sich das Bild des
1 Vgl. u. a. Sinus Studie: http://www.springer.com/de/book/
9783658125325; Juvenir Studie für die CH, Juvenir 1.0–4.0: http://
www.juvenir.ch/; Shell Jugendstudie:
http://www.shell.de/ueberuns/die-shell-jugendstudie.html; JIM-Studie: https://www.mpfs.de/
fileadmin/files/Studien/JIM/2016/JIM_Studie_2016.pdf. Zugegriffen:
28.11.2016.
2 Vgl. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-74184564.html. Zugegriffen: 04.12.2016.
3 Unter Hofstetters Mitwirkung entstand darüber hinaus der Entwurf
für eine „Charta der digitalen Grundrechte der europäischen Union“ –
vgl. https://digitalcharta.eu/intiatorinnen-und-initiatoren/.
öffentlichen Raumes, Veränderungen, die Künstler/innen
– den Diskurs über die „down head generation“ folgend
– zu interessanten Installationen motivieren, wie Abb. 1
veranschaulicht.
Unsere Überlegungen sind als Beginn eines
gemeinsamen Nachdenkens zu verstehen, als eine Reflexion, die von
Beiträgen unserer Studierenden begleitet wird und die die
Absicht verfolgt, einen Diskussionsraum zu eröffnen und
weiterführende Fragen anzubieten.
2 Alte und neue Ansprüche an die Gruppendynamik
Das Postulat der gesellschaftlichen Wirksamkeit der
Gruppendynamik hat sich seit ihren Anfängen nicht
wesentlich verändert. Die Lewin’sche Forderung adäquate
soziale Techniken zu entwickeln, konnte sich (wenn auch nach
wie vor auf Widerstand stoßend) innerhalb der
Wissenschaft etablieren und wird in unterschiedlichen
Forschungszugängen deutlich (vgl. Glaser und Strauss 2005; Heintel
2005; Lerchster 2011; Ukowitz 2012; Unger 2014;
Krainer und Lerchster 2015). Die Aufgabe der Wissenschaft, an
einer gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft
mitzuwirken, wird bereits von Lewin formuliert: „Die für die
soziale Praxis erforderliche Forschung läßt sich am besten als
eine Forschung im Dienste sozialer Unternehmungen oder
sozialer Technik kennzeichnen. Sie ist eine Art
Tat-Forschung (,action research‘), eine vergleichende Erforschung
der Bedingungen und Wirkungen verschiedener Formen des
sozialen Handelns und eine zu sozialem Handeln führende
Forschung“. Denn, „eine Forschung, die nichts anderes als
Bücher hervorbringt, genügt nicht“ (Lewin 1953, S. 280).
Den Pionieren der Gruppendynamik ging es um
Demokratielernen, um die Steigerung der Solidarität (Bradford
et al. 1964), um einen adäquaten Umgang mit
Rassenunterschieden (Benne 1964), um das Verständnis von Affekten in
Gruppen (Pagès 1974), um das Verhältnis von Autorität und
Selbststeuerung in Gruppen und Organisationen
(Lapassade 1972). Forderungen, die in Anbetracht der politischen
Entwicklungen nichts an Aktualität e (...truncated)