Genetik der angeborenen Herzfehler
Genetik der angeborenen Herzfehler
Anne-Karin Kahlert 0 1 2
Kirstin Hoff 0 2 4
Marc-Phillip Hitz 0 2 3 4
0 DZHK (Deutsches Zentrum für Herzund Kreislaufforschung), Standort Hamburg/Kiel/Lübeck , Kiel , Deutschland
1 Institut für Klinische Genetik, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden , Dresden , Deutschland
2 Klinik für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel , Kiel , Deutschland
3 Wellcome Trust Sanger Institute , Cambridge, Großbritannien
4 Institut für Humangenetik, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel , Kiel , Deutschland
Herzfehler sind die häufigste
menschliche Fehlbildung beim
Neugeborenen. Die zugrunde
liegende Genetik ist jedoch noch
weitgehend unklar. Dies liegt zum
einen an der verminderten Penetranz
und variablen Expressivität, zum
anderen an heterogenen und wenig
evidenzbasierten Literaturangaben.
Ziel muss es daher sein, eine
verlässliche
Genotyp-Phänotyp
Assoziation zu etablieren, die
es auch ermöglicht, neue
AHFassoziierte Gene zu identifizieren.
Die Veröffentlichung gewonnener
Datensätze ist dabei unabdingbar, da sie helfen würde, Patienten in therapeutische Subgruppen einzuteilen.
Einleitung
Die umfassendste Definition der
angeborenen strukturellen Herzfehlbildungen
(AHF) findet sich bei Mitchell et al.
(1971), der diese als „a gross structural
abnormality of the heart or intrathoracic
great vessels that is actually or
potentially of functional significance“ beschreibt.
Diese Definition gibt einen Einblick
in die heterogene Gruppe angeborener
Herzfehler, die zu einer teils
ausgeprägten Funktionseinschränkung des
kindlichen Herz-Kreislauf-Systems
führen können, und bezieht neben den
klassischen Formen, wie bspw. dem
Vorhofseptumdefekt (ASD) oder den
Fehlbildungen der Herzklappen, auch die
Kardiomyopathien inklusive der
NonCompaction Kardiomyopathie (LVNC)
mit ein. Epidemiologisch handelt es sich
bei den AHF um die häufigste humane
Fehlbildung, die einen hohen Anteil
an Kindersterblichkeit aufweist [
1
] und
deshalb als eine der wesentlichen
Herausforderungen der Gesundheitsversorgung
der kommenden Jahre betrachtet wird
[
2
].
Die Geburtsprävalenz moderater bis
schwerwiegender AHF beläuft sich auf
5–10 pro 1000 Lebendgeburten [
3
], ist
jedoch stark davon abhängig, welche
AHFFormen mit einbezogen werden. Bei
wechselnden Einschlusskriterien, wenn
z. B. auch die bikuspide Aortenklappe
oder der persistierende Ductus
arteriosus und das Auftreten von schweren
Herzfehlern beim Feten mitbetrachtet
werden, kann sich die Prävalenz auf 5–50
pro 1000 erhöhen [
2
]. Von wesentlicher
Bedeutung ist insbesondere die Gruppe
der lebensbedrohlichen Herzfehler, die
mit einem Anteil von 25 % aller
angeborenen Herzfehler angegeben wird, da bei
diesen Patienten innerhalb des ersten
Lebensjahres eine medizinische
Intervention (bspw. Katheterbehandlung oder
auch Operation) für das weitere
Überleben notwendig ist [
4
]. Deshalb würde
diese Gruppe maßgeblich von einer
adäquaten Früherkennung, bspw.
mittels Echokardiographie oder Einbezug
genetischer Diagnostikmöglichkeiten,
die eine prognostische Einschätzung
bezüglich des Krankheitsverlaufes und
eventueller therapeutischer Ansätze
erlauben, profitieren.
Notwendigkeit von Evidenzklassen und Gruppierungen
Neben der konventionellen Einteilung
kindlicher Herzfehler, die sich vor
allem auf das klinische Erscheinungsbild
bezieht, erfolgt häufig eine Einteilung
in syndromale und
nicht-syndromale Herzfehler. Dabei zeigen Patienten
mit syndromalen Herzfehlern neben
einem angeborenen Herzfehler auch
Dysmorphien oder Veränderungen
extrakardialer Organe, während die
nichtsyndromalen durch das isolierte
Auftreten eines Herzfehlers charakterisiert
sind. Ziel dieser Einteilung ist das
bessere Verständnis der zugrunde liegenden
Genetik und die Aufklärung möglicher
funktioneller Mechanismen.
Insgesamt gesehen ist die Quote
ätiologisch erklärbarer Herzfehler zum
jetzigen Zeitpunkt sehr gering. Sie beträgt nur
~30 % bei syndromalen Herzfehlern und
10–15 % bei isolierten AHF [
5, 6
].
Hierfür ist neben dem ausgesprochen
heterogenen Wiederholungsrisiko, abhängig
von AHF-Typ und
Verwandtschaftsverhältnis [7], welches aufgrund der
häufig beobachteten reduzierten Penetranz
und variablen Expressivität vielfach nicht
in Einklang mit den klassischen
Vererbungsmustern zu bringen ist, auch die
unzureichende Publikationslage
bezügmedizinische genetik
geführten Listen sowohl für Gene, die
mit syndromalen und
nicht-syndromalen AHF sowie LVNC assoziiert sind,
als auch für Chromosomenregionen, in
denen Kopienzahlvarianten mit AHF
in Verbindung stehen, wurden nur
genomweite Studienansätze (arraybasiert,
Linkage-Analysen und NGS-Verfahren)
mit ausreichender genomweiter
statistischer Evidenz berücksichtigt, die neben
einer nachvollziehbaren Ko-Segregation
auch eine passende
populationsspezifische Allelfrequenz aufweisen. Es erfolgte
die Einteilung in zwei Eviden (...truncated)