Genetik der angeborenen Herzfehler

medizinische genetik, Jun 2017

Strukturelle Herzfehler sind eine der häufigsten menschlichen Fehlbildungen. Es lassen sich mehrere morphologische Gruppen unterscheiden, wobei auch Überlappungen mit verschiedenen Formen der Kardiomyopathien, unter anderem mit der Non-Compaction Kardiomyopathie, beobachtet werden. Zum jetzigen Zeitpunkt liegt nur ein sehr eingeschränktes Verständnis der zugrunde liegenden genetischen Ursachen vor. Dies liegt zum einen an einer „komplexen Genetik“, bei welcher häufig reduzierte Penetranz und variable Expressivität vorliegen, zum anderen aber auch an heterogenen Literaturangaben, bei denen nur unzureichende genetische Evidenzen bestehen. Der Fokus dieses Reviews ist es, anhand von stringenten Evidenzkriterien die bekannten Gene für strukturelle Herzfehler darzustellen. Speziell durch die Nutzung von Next Generation Sequencing (NGS) können zunehmend mehr relevante genetische Zusammenhänge geklärt werden. Dies gilt nicht nur für die Validierung von Genotyp-Phänotyp-Assoziationen, sondern auch für die Identifizierung neuer Gene für angeborene Herzfehler (AHF), was besonders wegen des seltenen Vorkommens rekurrenter AHF-assoziierter Mutationen im gleichen Gen in Zukunft notwendig sein wird. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es notwendig, große deutschlandweite oder internationale Studien zu etablieren und bereits publizierte Datensätze öffentlich zugänglich zu machen. Dies sollte auch für diagnostische Datensätze gelten. Mit einem derartigen Ansatz könnte nicht nur eine Gen-Panel-Diagnostik, sondern auch die Eingruppierung der Herzfehler in therapeutische Subgruppen erreicht werden.

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Genetik der angeborenen Herzfehler

Genetik der angeborenen Herzfehler Anne-Karin Kahlert 0 1 2 Kirstin Hoff 0 2 4 Marc-Phillip Hitz 0 2 3 4 0 DZHK (Deutsches Zentrum für Herzund Kreislaufforschung), Standort Hamburg/Kiel/Lübeck , Kiel , Deutschland 1 Institut für Klinische Genetik, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden , Dresden , Deutschland 2 Klinik für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel , Kiel , Deutschland 3 Wellcome Trust Sanger Institute , Cambridge, Großbritannien 4 Institut für Humangenetik, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel , Kiel , Deutschland Herzfehler sind die häufigste menschliche Fehlbildung beim Neugeborenen. Die zugrunde liegende Genetik ist jedoch noch weitgehend unklar. Dies liegt zum einen an der verminderten Penetranz und variablen Expressivität, zum anderen an heterogenen und wenig evidenzbasierten Literaturangaben. Ziel muss es daher sein, eine verlässliche Genotyp-Phänotyp Assoziation zu etablieren, die es auch ermöglicht, neue AHFassoziierte Gene zu identifizieren. Die Veröffentlichung gewonnener Datensätze ist dabei unabdingbar, da sie helfen würde, Patienten in therapeutische Subgruppen einzuteilen. Einleitung Die umfassendste Definition der angeborenen strukturellen Herzfehlbildungen (AHF) findet sich bei Mitchell et al. (1971), der diese als „a gross structural abnormality of the heart or intrathoracic great vessels that is actually or potentially of functional significance“ beschreibt. Diese Definition gibt einen Einblick in die heterogene Gruppe angeborener Herzfehler, die zu einer teils ausgeprägten Funktionseinschränkung des kindlichen Herz-Kreislauf-Systems führen können, und bezieht neben den klassischen Formen, wie bspw. dem Vorhofseptumdefekt (ASD) oder den Fehlbildungen der Herzklappen, auch die Kardiomyopathien inklusive der NonCompaction Kardiomyopathie (LVNC) mit ein. Epidemiologisch handelt es sich bei den AHF um die häufigste humane Fehlbildung, die einen hohen Anteil an Kindersterblichkeit aufweist [ 1 ] und deshalb als eine der wesentlichen Herausforderungen der Gesundheitsversorgung der kommenden Jahre betrachtet wird [ 2 ]. Die Geburtsprävalenz moderater bis schwerwiegender AHF beläuft sich auf 5–10 pro 1000 Lebendgeburten [ 3 ], ist jedoch stark davon abhängig, welche AHFFormen mit einbezogen werden. Bei wechselnden Einschlusskriterien, wenn z. B. auch die bikuspide Aortenklappe oder der persistierende Ductus arteriosus und das Auftreten von schweren Herzfehlern beim Feten mitbetrachtet werden, kann sich die Prävalenz auf 5–50 pro 1000 erhöhen [ 2 ]. Von wesentlicher Bedeutung ist insbesondere die Gruppe der lebensbedrohlichen Herzfehler, die mit einem Anteil von 25 % aller angeborenen Herzfehler angegeben wird, da bei diesen Patienten innerhalb des ersten Lebensjahres eine medizinische Intervention (bspw. Katheterbehandlung oder auch Operation) für das weitere Überleben notwendig ist [ 4 ]. Deshalb würde diese Gruppe maßgeblich von einer adäquaten Früherkennung, bspw. mittels Echokardiographie oder Einbezug genetischer Diagnostikmöglichkeiten, die eine prognostische Einschätzung bezüglich des Krankheitsverlaufes und eventueller therapeutischer Ansätze erlauben, profitieren. Notwendigkeit von Evidenzklassen und Gruppierungen Neben der konventionellen Einteilung kindlicher Herzfehler, die sich vor allem auf das klinische Erscheinungsbild bezieht, erfolgt häufig eine Einteilung in syndromale und nicht-syndromale Herzfehler. Dabei zeigen Patienten mit syndromalen Herzfehlern neben einem angeborenen Herzfehler auch Dysmorphien oder Veränderungen extrakardialer Organe, während die nichtsyndromalen durch das isolierte Auftreten eines Herzfehlers charakterisiert sind. Ziel dieser Einteilung ist das bessere Verständnis der zugrunde liegenden Genetik und die Aufklärung möglicher funktioneller Mechanismen. Insgesamt gesehen ist die Quote ätiologisch erklärbarer Herzfehler zum jetzigen Zeitpunkt sehr gering. Sie beträgt nur ~30 % bei syndromalen Herzfehlern und 10–15 % bei isolierten AHF [ 5, 6 ]. Hierfür ist neben dem ausgesprochen heterogenen Wiederholungsrisiko, abhängig von AHF-Typ und Verwandtschaftsverhältnis [7], welches aufgrund der häufig beobachteten reduzierten Penetranz und variablen Expressivität vielfach nicht in Einklang mit den klassischen Vererbungsmustern zu bringen ist, auch die unzureichende Publikationslage bezügmedizinische genetik geführten Listen sowohl für Gene, die mit syndromalen und nicht-syndromalen AHF sowie LVNC assoziiert sind, als auch für Chromosomenregionen, in denen Kopienzahlvarianten mit AHF in Verbindung stehen, wurden nur genomweite Studienansätze (arraybasiert, Linkage-Analysen und NGS-Verfahren) mit ausreichender genomweiter statistischer Evidenz berücksichtigt, die neben einer nachvollziehbaren Ko-Segregation auch eine passende populationsspezifische Allelfrequenz aufweisen. Es erfolgte die Einteilung in zwei Eviden (...truncated)


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Dr. med. Anne-Karin Kahlert, Dr. rer. nat. Kirstin Hoff, Dr. med. Marc-Phillip Hitz PhD. Genetik der angeborenen Herzfehler, medizinische genetik, 2017, pp. 1-9, DOI: 10.1007/s11825-017-0131-9