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Nebenwirkungslisten sind kontraproduktiv!
MMW Fortschritte der Medizin
Nebenwirkungslisten sind kontraproduktiv!
können. Der Mann war systemisch und lokal mit Kortikoiden behandelt worden. Jetzt fand sich ein generalisiertes gerötetes und schuppendes Exanthem mit ausgeprägten Hyperkeratosen im Bereich von Gesicht, Nacken (Abb. A) und Genitale (Abb. B). Bei der mikroskopischen Untersuchung eines Schabepräparats aus dem Abdominalbereich waren Milben erkennbar, sodass die Diagnose einer inkrustrierten Scabies gestellt werden konnte. Es handelt sich dabei um eine seltene und besonders schwere Form der Scabies, die wegen der starken Besiedelung mit Milben hochkontagiös ist. Sie tritt vor allem bei immunkompromittierten Patienten, bei sensorischer oder motorischer Neuropathie oder bei Demenz auf, kann aber auch bei Personen ohne eindeutige Risikofaktoren vorkommen. Wird die Erkrankung nicht diagnostiziert, so können diese Patienten zur Quelle einer Epidemie in stationären Gesundheitseinrichtungen und Pflegeheimen werden. Der Patient wurde oral mit Ivermectin und topisch mit salicylsäurehaltiger Salbe behandelt, woraufhin sich die Symptomatik innerhalb von zwei Wochen zurückbildete. ■ Prof. Dr. med. H. S. Füeßl ■ Elosua-Gonzales M, Garcia-Zamora E. Crusted Scabies. N Engl J Med. 2017;377:476 6 7 4 : 7 7 3 ; 7 1 0 2 . d e M J l g n E N © A, B: Schuppendes Exanthem mit ausgeprägten Hyperkeratosen.
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_ In den USA werden
verschreibungsp ichtige Arzneimittel ö entlich
beworben. Für ein Experiment bekamen
Versuchspersonen nun einen Radiospot für
ein Antidepressivum vorgespielt.
Randomisiert hörten sie entweder das
Original oder eine gekürzte Version, in der
drei leichte unerwünschte
Nebenwirkungen fehlten. Wer die vollständige
Liste hörte, hielt die Nebenwirkungen
für weniger schwerwiegend und sah das
Medikament insgesamt positiver.
Es folgten drei prinzipiell ähnliche
Experimente, in denen zwei Gruppen
von Versuchspersonen gedruckte
Informationen vorgelegt wurde:
• zwei schwere und zwei leichte vs.
nur zwei schwere Nebenwirkungen
• Nutzen und schwere vs. Nutzen und
alle Nebenwirkungen
• Nutzen und Nebenwirkungen
ver
mischt, nicht in Einzelabschnitten.
Bei allen Versuchen war das Ergebnis
gleich: Je länger die Nebenwirkungsliste,
desto eher wurde die Schwere der
Nebenwirkungen unterschätzt und die
Attraktivität des Medikaments erhöht.
■ Sivanathan N, Kakkar H: The unintended consequences of
argument dilution in direct-to-consumer drug advertisements.
Nat Hum Behav. 2017;1:797–802
KOMMENTAR
In Deutschland ist die direkte Werbung
beim Verbraucher verboten, doch muss
auch hierzulande der Beipackzettel eine
ausführliche Aufzählung der
Nebenwirkungen enthalten. Die ausgeklügelten
Experimente der Autoren an 3.059
Probanden zeigen nun, dass ellenlange
Auflistungen nicht etwa die Patienten
schützen, sondern im Gegenteil dazu
führen, dass die Nebenwirkungen
unterschätzt werden. Psychologen bezeichnen
dies als „Verwässerungseoeekt“ (argument
dilution eoeect): Bei der
Entscheidungs¢ndung werden wichtige Argumente durch
weniger wichtige „verdünnt“.
Einen Lösungsvorschlag haben die
Autoren bereits experimentell geprüft: Wenn
die schweren Nebenwirkungen in der
Arzneimittelinformation vergrößert, fett
und rot gedruckt werden, gelingt die
intendierte Information. ■
Prof. Dr. med. H. Holzgreve
Das sieht man selten: Inkrustierte Scabies
A
B
Ein 71-jähriger Mann mit bekannter Leberzirrhose suchte wegen
eines schweren allgemeinen Juckreizes die Nothilfe auf. Bereits drei
Monate zuvor war er mit geröteter und schuppiger Haut im Bereich
des behaarten Kopfs und der Hände vorstellig geworden. In zwei
Schabepräparaten hatten damals keine Milben gefunden werden (...truncated)