Mein Patient, ein kleiner kroatischer Prinz
MMW Fortschritte der Medizin
Mein Patient, ein kleiner kroatischer Prinz
nauen Erklärung - obwohl das doch der Kern des Ganzen ist. Es half also nichts, der „Kleine Prinz“ musste auf kroatisch her, als Überraschung natürlich. Mal überlegen ... war da nicht diese kroatische Studentin, der ich strikt verboten hatte, in ihre Heimat zu fahren, da ich die Reise für eine Pati - entin mit Endokarditis viel zu anstrengend empfand? Als die mein Sprechzimmer verlassen hatte, konnte ich ihr noch von hinten ansehen, dass sie gegen meinen Rat fahren würde. Ich mailte sie also an und bekam nach drei Tagen ein Telefonat , das ich sofort durchstellen ließ. Die junge Frau stand just in Zagreb vor dem Buchladen und wollte wissen, ob ich noch interessiert sei. A m Ende des Sommers, als ich ihr in meiner Praxis eine komplette Genesung attestieren konnte, übergab sie mir dann das Buch „Mali Princ“, das ich ihrem Landsmann schenkte. Wie heißt es so schön in dem Buch? Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. Oder: „Čovjek dobro vidi samo srcem. Ono birno ne vidi se očima.“ ■ Dr. Luise Hess, Darmstadt
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_ Fremdsprachenkenntnisse sind nie
verkehrt – und helfen bisweilen auch bei
einheimischen Patienten. So wurde ich
im Notdienst einmal von einer
akzentfrei deutsch sprechenden Patientin
angefordert, die meinte, ihr Enkel schmerze,
sie könne nicht mehr laufen. Einfach so,
ohne Unfall.
Mir war schleierha , was sie meinte.
Ein Kind konnte wohl nicht betroen
sein, schließlich war die Frau selbst beim
Laufen beeinträchtigt. Immerhin
grenzte dieses Beschwerdebild die
Körperregion ein wenig ein. Ich kannte den
Begri „Onkel“ als Bezeichnung für Zehen,
außerdem das englische Wort „ankle“,
das ja so ähnlich klingt.
Da meine jahrelange Erfahrung mich
lehrte, bei unklaren Situationen lieber
hinzufahren und mir selbst einen
Eindruck zu machen, statt mich auf lange
und verwirrende Diskussionen
einzulassen, stand ich bald einer recht beleibten,
im Sessel sitzenden Frau gegenüber, die
auf ihr Bein zeigte. Die Untersuchung
der infrage kommenden Gelenke zeigte
schnell, dass tatsächlich der Knöchel
Beschwerdeursache war, wahrscheinlich
überlastungsbedingt nach einer
längeren Stadtbesichtigung.
Danach wollte ich noch meine
Neugier bezüglich der anatomischen
Bezeichnung stillen. Es war der Frau
unverständlich, wieso ich nicht gleich am
Telefon gewusst hatte, was sie gemeint
hatte. Sie war an der niederländischen
Grenze aufgewachsen – und dort ist
„Enkel“ oenbar ein gängiger Begri für
den Knöchel. Die sprachliche
Verwandscha zum englischen Wort war meiner
Patientin überhaupt nicht bewusst. ■
Dr. Andrea Linsel, Lüneburg (...truncated)