Guatemaltekische Kulturlektionen
MMW Fortschritte der Medizin
Ich bin der Horror-Arzt von nebenan
0 Dr. Heinz Speckert , Mainz
-
Für jede
verö entlichte
Geschichte
gibt es bis zu
150 Euro!
_ Ich arbeitete gerade an
meinem Auto vor dem Haus, als
mich eine Nachbarin ansprach –
wohlgemerkt keine Patientin
von mir. Sie wollte wissen, ob ich
ihr nicht einen Tipp bezüglich
ihrer Rückenschmerzen geben
könnte. Diese habe sie sich
zugezogen, als sie ihre Enkelin
auf—ng, die ihr von einem Spielgerät
herunter in die Arme sprang.
Ich empfahl der Dame zu
versuchen, sich einmal einfach
auszuhängen, z. B. an einem
Klettergerüst auf dem Spielplatz. Das nahm
sie erst einmal so hin, doch etwa eine
halbe Stunde später kam sie zurück und
erklärte, bezüglich des Aushängens
doch Bedenken zu haben. Ob ich nicht
einen anderen Ratschlag hätte?
Man will ja ein guter Nachbar sein,
und so überlegte ich noch einmal und
empfahl ihr, sich von ihrem Ehemann
über den Rücken ziehen zu lassen. Das
ist eine Übung, die wir schon als Kinder
„Argh! Da ist wieder der Doktor!“
auf dem Schulhof gemacht haben und
die ich mit meinen Patienten o erfolg
reich praktiziere. Ich erklärte ihr, dass
man sich dabei Rücken an Rücken stellt
und mit den Armen einhakt. Dann
beugt sich einer nach vorn und zieht den
anderen über seinen Rücken. Jetzt sah
die Nachbarin noch unsicherer aus,
wohl weil sie sich nicht zutraute, das mit
ihrem Ehemann hinzubekommen. So
bot ich mich am Ende doch selbst als
Übungspartner an und zog die
Nachbarin über meinen Rücken.
So weit, so gut – dachte ich.
Einige Tage später begegnete
ich ihr wieder, und sie stimmte
ck ein Lamento an: „Das mit dem
o
i/S über den Rücken Ziehen hätten
t
s
aeg sie mit mir nicht machen dürfen!
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ty Ich habe mich dabei verkramp
I
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e
/eG und fürchterliche
Kopfschmery
iEdp zen bekommen, am Tag und in
aR© der Nacht.“ Dann kam das —nale
Verdikt: „Sie haben es wohl gut
mit mir gemeint, aber das hätten
sie nicht tun dürfen!“
Mir verschlug es völlig die Sprache,
sodass ich nicht einmal fragte, ob es ihr
inzwischen besser gehe. Seitdem gehe
ich der Nachbarin so weit wie möglich
aus dem Weg. Ich kann mir inzwischen
vorstellen, dass sie Leibesschmerzen
bekommt, wenn sie mich nur sieht – und
das möchte ich ihr nun wirklich nicht
antun.
_ Mein erster Patient aus Guatemala
war in gewisser Weise eine
Enttäuschung. Er hatte zwar einen tollen
Namen, der seine spanischsprachige
Herkun verriet – er hieß ungefähr so wie
der Bildungsministers seines Landes,
Oscar Hugo López Rivas. Sein Au reten
hingegen war kein bisschen exotisch,
und sein Deutsch war perfekt.
„Dann ist Ihre Mutter wohl
Deutsche?“, kombinierte ich messerscharf.
Der Patient verneinte das. „Ich habe eine
deutsche Schule in Guatemala besucht“,
erzählte er. „Meine
Eltern hielten die einfach
für die beste.“ Ich fragte
den Mittelamerikaner,
welche Literatur er dort
gelesen habe, worau‘in
er sämtliche Klassiker
herunterspulte. „Auch Goethe?“, fragte
ich. „Auch Goethe“, sagte er. „Faust.“
Als ich ihn nach guatemaltekischen
Besonderheiten fragte, kam er schnell
auf die Kultur der Maya zu sprechen.
Scherzha meinte er, dass ich wohl
immerhin das
gelbschwarz gestrei e Insekt
des gleichen Namens
kannte, jenes, das vor
gar nicht allzu langer
Zeit in einem
unbekannten Land lebte.
Nun, er konnte von Glück reden, dass
das zutraf. Denn sein Problem, eine
schmerzha e Hautveränderung an
ungünstiger Stelle, identi—zierte ich im
Handumdrehen als Bienenstich. ■
Dr. Luise Hess, Darmstadt (...truncated)