Guatemaltekische Kulturlektionen

MMW - Fortschritte der Medizin, Jan 2018

Luise Hess

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Guatemaltekische Kulturlektionen

MMW Fortschritte der Medizin Ich bin der Horror-Arzt von nebenan 0 Dr. Heinz Speckert , Mainz - Für jede verö entlichte Geschichte gibt es bis zu 150 Euro! _ Ich arbeitete gerade an meinem Auto vor dem Haus, als mich eine Nachbarin ansprach – wohlgemerkt keine Patientin von mir. Sie wollte wissen, ob ich ihr nicht einen Tipp bezüglich ihrer Rückenschmerzen geben könnte. Diese habe sie sich zugezogen, als sie ihre Enkelin auf—ng, die ihr von einem Spielgerät herunter in die Arme sprang. Ich empfahl der Dame zu versuchen, sich einmal einfach auszuhängen, z. B. an einem Klettergerüst auf dem Spielplatz. Das nahm sie erst einmal so hin, doch etwa eine halbe Stunde später kam sie zurück und erklärte, bezüglich des Aushängens doch Bedenken zu haben. Ob ich nicht einen anderen Ratschlag hätte? Man will ja ein guter Nachbar sein, und so überlegte ich noch einmal und empfahl ihr, sich von ihrem Ehemann über den Rücken ziehen zu lassen. Das ist eine Übung, die wir schon als Kinder „Argh! Da ist wieder der Doktor!“ auf dem Schulhof gemacht haben und die ich mit meinen Patienten o erfolg reich praktiziere. Ich erklärte ihr, dass man sich dabei Rücken an Rücken stellt und mit den Armen einhakt. Dann beugt sich einer nach vorn und zieht den anderen über seinen Rücken. Jetzt sah die Nachbarin noch unsicherer aus, wohl weil sie sich nicht zutraute, das mit ihrem Ehemann hinzubekommen. So bot ich mich am Ende doch selbst als Übungspartner an und zog die Nachbarin über meinen Rücken. So weit, so gut – dachte ich. Einige Tage später begegnete ich ihr wieder, und sie stimmte ck ein Lamento an: „Das mit dem o i/S über den Rücken Ziehen hätten t s aeg sie mit mir nicht machen dürfen! m ty Ich habe mich dabei verkramp I t e /eG und fürchterliche Kopfschmery iEdp zen bekommen, am Tag und in aR© der Nacht.“ Dann kam das —nale Verdikt: „Sie haben es wohl gut mit mir gemeint, aber das hätten sie nicht tun dürfen!“ Mir verschlug es völlig die Sprache, sodass ich nicht einmal fragte, ob es ihr inzwischen besser gehe. Seitdem gehe ich der Nachbarin so weit wie möglich aus dem Weg. Ich kann mir inzwischen vorstellen, dass sie Leibesschmerzen bekommt, wenn sie mich nur sieht – und das möchte ich ihr nun wirklich nicht antun. _ Mein erster Patient aus Guatemala war in gewisser Weise eine Enttäuschung. Er hatte zwar einen tollen Namen, der seine spanischsprachige Herkun verriet – er hieß ungefähr so wie der Bildungsministers seines Landes, Oscar Hugo López Rivas. Sein Au reten hingegen war kein bisschen exotisch, und sein Deutsch war perfekt. „Dann ist Ihre Mutter wohl Deutsche?“, kombinierte ich messerscharf. Der Patient verneinte das. „Ich habe eine deutsche Schule in Guatemala besucht“, erzählte er. „Meine Eltern hielten die einfach für die beste.“ Ich fragte den Mittelamerikaner, welche Literatur er dort gelesen habe, worau‘in er sämtliche Klassiker herunterspulte. „Auch Goethe?“, fragte ich. „Auch Goethe“, sagte er. „Faust.“ Als ich ihn nach guatemaltekischen Besonderheiten fragte, kam er schnell auf die Kultur der Maya zu sprechen. Scherzha meinte er, dass ich wohl immerhin das gelbschwarz gestrei e Insekt des gleichen Namens kannte, jenes, das vor gar nicht allzu langer Zeit in einem unbekannten Land lebte. Nun, er konnte von Glück reden, dass das zutraf. Denn sein Problem, eine schmerzha e Hautveränderung an ungünstiger Stelle, identi—zierte ich im Handumdrehen als Bienenstich. ■ Dr. Luise Hess, Darmstadt (...truncated)


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Luise Hess. Guatemaltekische Kulturlektionen, MMW - Fortschritte der Medizin, 2018, pp. 29-29, Volume 160, Issue 1, DOI: 10.1007/s15006-018-0076-1