Frühzeitige Kolektomie bei Patienten mit akutem Schub einer Colitis ulcerosa
Frühzeitige Kolektomie bei Patienten mit akutem Schub einer Colitis ulcerosa
C. T. Germer 0 1 2
J. Reibetanz 0 1 2
0 Interessenkonflikt. C. T. Germer und J. Reibetanz geben an , dass kein Interessenkonflikt besteht
1 Dr. J. Reibetanz Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie , Universitätsklinik Würzburg 97080 Würzburg , Deutschland
2 Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie , Universitätsklinik Würzburg, Würzburg , Deutschland
Originalpublikation
Leeds IL et al (2017) Early surgical
intervention for acute ulcerative colitis is
associated with improved postoperative
outcomes. J Gastrointest Surg
21(10):1675–1682
Hintergrund. Die stationäre
Aufnahme eines Patienten mit einem akuten
Schub einer Colitis ulcerosa (CU) stellt
einen kritischen Vorboten einer
Progression der Grunderkrankungen dar, mit
drohender Notwendigkeit einer
chirurgischen Intervention. Sobald die akute
Kolitis als „medikamentös
therapierefraktär“ eingestuft wurde und/oder eine
Kolonperforation droht, ist die
frühzeitige (Prokto-)Kolektomie weiterhin
der Goldstandard in der Therapie der
akuten CU. Für dieses Patientenkollektiv
ist jedoch nicht abschließend geklärt, ob
die Dringlichkeit der Kolektomie dann
eine Frage von Stunden oder Tagen ist.
Methode und Zielsetzung. Ziel der
vorliegenden Arbeit war es daher, das
postoperative Outcome von CU-Patienten
mit dringlicher Operationsindikation
zu analysieren, in Abhängigkeit davon
ob die Kolektomie innerhalb von 24 h
oder später erfolgte. Hierzu wurden
entsprechende Fälle anhand der
ICD-9Codes aus der National Inpatient Sample
(NIS-)Datenbank extrahiert (Zeitraum:
2002–2014) und das postoperative
Outcome der Patienten in Abhängigkeit
des Operationszeitpunktes („frühzeitig“
<24 h vs. „verzögert“ >24 h) verglichen.
Ergebnisse. Die
NIS-Datenbank-Analyse identifizierte im oben genannten
Zeitraum 69.936 stationäre
Behandlungsfälle aufgrund einer Colitis ulcerosa, von
denen bei 2650 Patienten (3,8 %) eine
nichtelektive/dringliche
(Prokto-)Kolektomie im Rahmen des initialen
stationären Aufenthaltes erfolgen musste. Bei
541 Patienten (20,4 %) erfolgte die
Kolektomie frühzeitig (nach <24 h), bei den
übrigen 2109 Patienten (79,6 %) verzögert
(nach >24 h). Verglichen mit verzögert
operierten Patienten erfolgte die
frühzeitige Kolektomie häufiger laparoskopisch
(frühzeitig: 28,1 % vs. verzögert: 23,3 %,
p = 0,021) und bei insgesamt
komorbideren Patienten (Grouped Charson
Index ≥2: frühzeitig: 15,0 % vs. verzögert:
10,0 %, p = 0,003). In der multivariaten
Regressionsanalyse war neben höherem
Patientenalter, einem geringeren
finanziellen Einkommen, einem hohen
Charlson Comorbidity Index v. a. die
verzögerte Kolektomie ein signifikanter Prädiktor
eines postoperativ komplikativen
Verlaufes (Odds Ratio [OR] = 1,46, 95
%-Konfidenzintervall [KI]: 1,17–1,83, p = 0,001).
Auch waren der gesamte stationäre
Aufenthalt (8 Tage vs. 16 Tage, p < 0,001)
sowie die stationären Behandlungskosten
(33,666 $ vs. 20,948 $ p < 0,001) bei
verzögert durchgeführter Kolektomie
statistisch signifikant höher als bei frühzeitiger
Kolektomie.
Fazit des Reviewers. Bekanntermaßen
hat die chirurgische Lehre bereits in
der Vergangenheit für eine
frühzeitige Kolektomie bei akuter CU plädiert,
„frühzeitig“ wurde dabei jedoch in den
meisten Studien als ein Intervall von 7
bis 10 Tagen definiert, welches für eine
medikamentöse Rescue-Therapie und
zur Stabilisierung des Patienten genutzt
wurde. Ein solches Vorgehen wird jedoch
durch die hier vorgestellten Ergebnisse
klar infrage gestellt: Patienten, die bei
gegebener Indikation zur dringlichen
Kolektomie nicht binnen 24 h operiert
wurden, hatten ein 1,5-fach höheres
Risiko für postoperative
Komplikationen (und das trotz der Tatsache, dass
die frühzeitig operierten Patienten das
kränkere Patientenkollektiv darstellten).
Damit sprechen die hier vorgestellten
Ergebnisse bei CU-Patienten mit
akuter Kolitis und gegebener Indikation
zur dringlichen Kolektomie eindeutig
für einen frühen Operationszeitpunkt
(<24 h) und gegen weitere
präoperative medikamentöse Therapieversuche
zur Stabilisierung und Optimierung des
Allgemeinzustandes.
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